Und hier die Nachrichtenvorhersage…

…für Donnerstag, den 7. April und die folgenden Tage:

In Taiwan kommt es derzeit zu einer steigenden Zahl von lokalen Coronafällen. Es ist davon auszugehen, dass deutsche Nachrichtenredaktionen demnächst auf das Thema aufmerksam und darüber berichten werden. Fast sicher dürfte dabei erwähnt werden, dass Taiwan bislang eine Null Covid Politik verfolgte und diese jetzt „gescheitert“ sei. Dabei wird sehr wahrscheinlich auch auf „strenge Maßnahmen“, „Abschottung vom Ausland“ und „strenge Quarantäneregeln“ verwiesen, sowie dass Taiwan „bisher ziemlich gut durch die Coronakrise gekommen ist“. Weitere Details, insbesondere wie gut Taiwan bisher durch die Coronakrise gekommen ist, werden nicht genannt.

Soweit die aktuelle Prognose Stand 6. April 2022 19 Uhr.

tü-tütü-tüt-tütü-tüt


Wer sich übrigens wundert, warum Taiwan in Bezug zu Corona seit geraumer Zeit aus den deutschen Nachrichten verschwunden ist, so gab es einfach nichts Interessantes (also Schlimmes) darüber zu berichten.

Nach der Welle der Delta-Variante (max. 7-Tage Inzidenz: 14,7) war es in der 2. Jahreshälfte 2021 ziemlich ruhig, teilweise wieder bis zu 0 lokalen Infektionsfällen am Tag. Anfang des neuen Jahres bis Mitte Februar gab es ein paar kleinere lokale Ausbrüche (max. 7-Tage Inzidenz: 1,1), die allerdings kurzzeitig wieder auf 0 zurückgeführt werden konnten.

Seit den letzten 3 Wochen stellt sich die Lage allerdings so dar.

Wer sich fragt, woher ich die 7-Tage Inzidenz in Taiwan kenne: die berechne ich selbst, und ja, ich musste bis zur zweiten Nachkommastelle gehen, um den Nullbereich besser darzustellen 😛

Bislang war es in Taiwan noch nie nötig, exorbitant hohe Fallzahlen in psychologisch leichter zu verdauende kleinere Zahlen umzurechnen, aber zur besseren Vergleichbarkeit habe ich mir schon seit langem diesen Spaß erlaubt.

Nun war es in einer ähnlichen Situation im Mai 2021 so: sämtliche Schulen wurden landesweit geschlossen (und bis zu den Sommerferien auch nicht mehr aufgemacht), in Büros wenn möglich auf Home Office ausgewichen, Bars, Kneipen und sonstige „Vergnügungsstätten“ geschlossen, Restaurants nur noch für den Verkauf außer Haus geöffnet. Beim Beschluss dieser Maßnahmen lag die Inzidenzzahl ungefähr bei 4…

Wie man oben sieht, haben wir diesen Wert mit dem heutigen Tag überschritten, aber seitdem hat sich natürlich einiges in Sachen Impfung getan.

Die Bevölkerung Taiwans ist Stand heute:

Einfach geimpft: 83,5%
Zweifach geimpft: 78,5%
Geboostert: 51,0%

Vom Krisenstab (CECC) wurde verlautet, dass die jetzigen Zahlen kein Grund zu einer drastischen Verschärfung von Beschränkungen seien. Die momentanen Coronamaßnahmen in Taiwan sind wie folgt:

  • OP-Maskenpflicht im Freien (mit Ausnahmen für Sportler, Essen, Trinken, Selfies)
  • OP-Maskenpflicht in öffentlichen Innenräumen (natürlich auch in Schule, Kindergarten)
  • Quarantänepflicht für positiv getestete Personen (10 Tage oder Freitesten durch zwei negative PCR Tests oder PCR Wert über 30) in einem Quarantänehotel oder einer staatlichen Quarantäneeinrichtung*

*aufgrund der erwartbaren hohen Fallzahlen wahrscheinlich bald Quarantäne zu Hause

  • für ankommende Reisende in Taiwan sofort PCR Test am Flughafen, auf Ergebnis muss am Flughafen gewartet werden, unabhängig vom Ergebnis 10 Tage Quarantäne

Sollte man also nicht positiv getestet sein, läuft der Alltag in Taiwan alles in allem ziemlich normal. Die Maske merkt man schon gar nicht mehr bzw. erst dann, wenn man sie mal in der Hektik des morgendlichen Kinder zur Schule bringens doch tatsächlich einmal vergisst (…was dem Autor an einem kühlen Morgen im Januar tatsächlich passierte und er sich heute noch dafür schämt)

Trotzdem bleibt natürlich abzuwarten, was genau passieren wird, falls die Fallzahlen in die Tausende oder gar Zehntausende steigen, was mit Omikron nun einfach mal erwartbar ist. Klar, in Deutschland würden die Sektkorken vor Freude über solch „niedrigen“ Fallzahlen knallen (ich erwähnte es schon einmal), aber in Taiwan herrschte bislang ein völlig anderer Maßstab.

Für unsere Reisepläne Richtung Deutschland in diesem Sommer hat die jetzige Situation übrigens keine Auswirkungen, denn sämtliche Pläne für dieses Jahr wurden schon vor längerer Zeit gestrichen. Vielleicht dann nächstes Jahr, aber wer weiß was bis dahin ist.

Nachrichten (und Preise) aus einer anderen Welt

Treibstoffpreise in Taiwan steigen inmitten des Russland-Ukraine Krieges weiter an

Taipeh, 13. März (CNA) Die Treibstoffpreise in Taiwan werden in der kommenden Woche erneut steigen, da der Russland-Ukraine Krieg die Rohölpreise in die Höhe treibt, wobei bleifreies Benzin mit 95 Oktan ein Siebenjahreshoch erreichen wird, so der staatliche Treibstofflieferant des Landes am Sonntag.

Die taiwanische CPC Corp. teilte mit, sie werde die Preise für Benzin und Diesel um 0,3 NT$ (0,01 Euro) pro Liter erhöhen, nachdem sie bereits vor einer Woche die Preise für beide Kraftstoffarten um 0,6 NT$ (0,02 Euro) pro Liter erhöht hatte.

Das bedeutet, dass ab Sonntag Mitternacht die Preise an den CPC Zapfsäulen auf 29,4 NT$ (0,947 Euro) pro Liter für Superdiesel, 31,6 NT$ (1,018 Euro) pro Liter für bleifreies Benzin mit 92 Oktan, 33,1 NT$ (1,066 Euro) pro Liter für bleifreies Benzin mit 95 Oktan und 35,1 NT$ (1,131 Euro) pro Liter für bleifreies Benzin mit 98 Oktan steigen werden, so CPC.

Der Preis für 95 Oktan ist der höchste, der seit sieben Jahren in Taiwan zu verzeichnen ist.

Nach Angaben des Unternehmens ist der Anstieg auf die höheren Rohölpreise zurückzuführen, die durch ein teilweises westliches Einfuhrverbot für russisches Öl und Gas sowie die Ankündigung Saudi-Arabiens, seinen offiziellen Vertragspreis für Rohöl im April zu erhöhen, verursacht wurden.

Die CPC passt ihre Kraftstoffpreise wöchentlich an die Entwicklung der Rohölpreise an und verwendet dabei eine gewichtete Ölpreisformel, die sich zu 70 Prozent aus Rohöl aus Dubai und zu 30 Prozent aus Rohöl der Sorte Brent zusammensetzt.

Nach dieser Formel, so die CPC, hätten die Benzin- und Dieselpreise in dieser Woche um 5,3 NT$ (0,17 Euro) pro Liter bzw. 6,9 NT$ (0,22 Euro) pro Liter steigen müssen.

Aufgrund der Regierungspolitik, nach der Taiwan die niedrigsten Kraftstoffpreise unter den asiatischen Nachbarländern haben soll, und der Tatsache, dass CPC einen größeren Teil des Preisanstiegs subventioniert, je höher der Rohölpreis steigt, sagte das Unternehmen, dass es diese Woche 5 NT$ (0,16 Euro) pro Liter für Benzin und 6,6 NT$ (0,21 Euro) pro Liter für Diesel subventionieren wird.

Aufgrund dieser Politik musste CPC in den ersten beiden Monaten des Jahres 2022 bereits 1,6 Mrd. NT$ (51,6 Mio. Euro) der gestiegenen Rohölpreise subventionieren, anstatt sie an die Verbraucher weiterzugeben, so das Unternehmen.

Inzwischen hat die Formosa Petrochemical Corp. (FPC), ein privater Kraftstofflieferant, ähnliche Preiserhöhungen angekündigt, mit der Ausnahme, dass die Preise für Superdiesel und bleifreies Benzin mit 95 Oktan mit 29,2 NT$ (0,941 Euro) bzw. 33 NT$ (1,063 Euro) pro Liter etwas niedriger liegen werden.

Die FPC erklärte, dass es im Laufe der Woche zwar einige Faktoren gab, die zu einer Dämpfung der Ölpreise beitrugen, diese jedoch nicht in der Lage waren, den steigenden Trend umzukehren.

Zu diesen günstigen Faktoren gehörten die Zusagen der Vereinigten Arabischen Emirate, die Ölproduktion zu erhöhen, und Russlands, Verträge über Energielieferungen zu erfüllen.

Übermut zur Lücke – Wie Taiwan das Coronavirus wieder ins Land ließ

180 lokale Fälle von bestätigten Corona-Infektionen an einem einzigen Tag! Eine Nachricht, in der in Deutschland vor Freude die Sektkorken knallen würden, versetzt Taiwan hingegen in einen besorgniserregten Schockzustand. Zu sehr war man bislang daran gewöhnt, täglich lediglich über die vereinzelten Fälle von infizierten Rückkehrern aus dem Ausland zu lesen. Von denen ging allerdings nie eine konkrete Gefahr aus, denn für normale Rückkehrer aus dem Ausland gilt bereits seit über einem Jahr eine 14-tägige verpflichtende Quarantäne.

Durch eine blitzschnelle Reaktion, zielgenauen Maßnahmen und ein von der gesamten Bevölkerung unterstützten Eindämmungskonzept, schaffte Taiwan es im letzten Jahr 253 Tage am Stück keine lokale Infektion melden zu müssen. Gebrochen wurde diese Serie durch einen Piloten, der nach (zu) kurzer Quarantänezeit von 3 Tagen und anschließender coronainfizierter Shoppingtour zu großer Aufregung kurz vor Silvester führte. Glücklicherweise führte dieser Ausbruch zu keinem sogenannten „Community Outbreak“, also eine unkontrollierte Verbreitung innerhalb der Bevölkerung. Die Quarantänezeit für Piloten und Flugbegleiter wurde daraufhin auf 7 Tage heraufgesetzt.

Im Januar und Februar kam es dann zum Taoyuan Hospital Cluster, einem Ausbruch mit insgesamt 21 Fällen, der durch die Ansteckung eines Arztes zurückzuführen war, der einen an Covid-19 erkrankten Patienten behandelt hatte.

Seitdem war es wieder ruhig, bis es Ende April zu einigen Infektionen von China Airlines Frachtpiloten und einigen ihrer Familenangehörigen kam. Pikanterweise wurde die Quarantänezeit für Piloten und Flugbegleiter nur wenige Tage zuvor wieder auf (zu) kurze 3 Tage gesenkt. Nur um sie nach dem Auftreten dieser Fälle wieder auf 5 Tage zu erhöhen.

Nun gut, konnte man zu diesem Zeitpunkt sagen. Bei den letzten beiden Malen wurden die Ausbrüche sehr schnell wieder eingedämmt. Nur dieses Mal leider nicht. In der Folge kam es nämlich auch zu Infektionsfällen von Mitarbeitern im Novotel, dem Flughafenhotel, in dem die China Airlines Piloten und Flugbegleiter ihre viel zu kurze Quarantäne verbracht haben.

Bitte nicht falsch verstehen. Die Piloten und Flugbegleiter haben im Prinzip nichts falsch gemacht, sondern sich an die für ihre Berufsgruppe geltenden Regelungen gehalten. Falsch war und ist allerdings in meinen Augen die Quarantänezeit von 3, 5 oder 7 Tagen. Viele Beispiele von „normalen“ Rückkehren haben gezeigt, dass eine Coronainfektion erst am Ende der 14-tägigen Quarantäne oder sogar darüber hinaus entdeckt wurde, falls ein Arbeitgeber nochmals zusätzlich nach einem Coronatest verlangte. Zwar könnte man argumentieren, dass solche Fälle nach einer so langen Quarantäne sehr wahrscheinlich nicht mehr infektiös seien, aber ausschließen kann man es eben auch nicht.

Und natürlich darf man nicht vergessen, dass Taiwan als Insel nur über den Luft- oder Seeweg versorgt werden und Handel betreiben kann. Und natürlich kann man Piloten nicht ständig in Quarantäne einsperren und sie nur zum Arbeiten rauslassen.

So etwas ist ein Problem, für das Politiker gewählt werden, um es zu lösen.

Gelöst wurde es aber nur dadurch, dass man sich aufgrund der guten Coronasituation in Taiwan darauf verließ, dass es trotz dieser Lücke – welche sich ja jetzt eindeutig als solche herausgestellt hat – schon irgendwie gut gehen wird.

Und machen wir uns nichts vor. Große Unternehmen wie China Airlines nutzen in Taiwan ihre wirtschaftliche Bedeutung genau so aus, wie es die Lufthansa in Deutschland auch macht. Da wird dann aufgrund der Systemrelevanz schon mal ein Auge zugedrückt und Lockerungen früher gelockert als es eigentlich angebracht wäre.

Das rächt sich jetzt.

Denn irgendwie – leider bislang noch ungeklärt- schaffte es das Coronavirus dann vom Novotel am Flughafen Taoyuan in verschiedene Bereiche des öffentlichen Lebens überzuspringen, z.B. in eine Spielhalle in Yilan, in eine Veranstaltung des Lion Club in Luzhou (New Taipei) und in ein Teehaus „mit besonderen Dienstleistungen der weiblichen Bedienung“ in Wanhua (Taipei City). Von letzteren gibt es allein in Wanhua nach offiziellen Angaben 172. Wer es noch nicht wusste, Wanhua ist der „ehemalige“ Rotlichtbezirk von Taipei, aber da Prostitution in Taiwan in den 90er Jahren verboten wurde, gibt es jetzt offiziell keinen Rotlichtbezirk mehr und Puffs heißen jetzt Teehäuser oder umgangssprachlich 阿公店 (hat mir meine Frau erzählt).

Corona gefällt das.

Aber es gibt noch einen anderen Aspekt, warum die Zahlen lokaler Fälle von 13, 16 und 29 in den letzten Tagen heute auf 180 gestiegen sind. Zum ersten Mal gibt es jetzt nämlich Testzentren für den schnellen Coronatest vor Ort, von denen gerade in Wanhua gestern ausgiebig Gebrauch gemacht wurde. Ohne diese Testzentren wäre die Zahl heute mit Sicherheit geringer und vielleicht wären einige symptomlose Infektionen nie entdeckt wurden. Ist aber alles reine Spekulation.

Wie geht es jetzt also weiter? Für Taipei City und New Taipei wurde die Coronastufe auf Stufe 3 von möglichen 4 angehoben. Das bedeutet, dass Einrichtungen wie Museen, Kinos und alles was mit Freizeit und Vergnügen zu tun hat, geschlossen werden. In der Öffentlichkeit gilt eine generelle Maskenpflicht. In Innenbereichen dürfen sich maximal bis zu 5 Personen aufhalten (bei Familien mit mehr als 5 Mitgliedern natürlich mehr), in Außenbereichen maximal 10 Personen. Von irgendeinem Quatsch mit verschiedenen Hausständen habe ich zum Glück nichts gelesen.

Stufe 4 bedeutet übrigens Lockdown und zwar ein richtiger Lockdown: Büros zu, Schulen zu, keine Reisen in andere Städte. Die dazu notwendige Zahl wurde mit durchschnittlich 100 Fällen pro Tag innerhalb einer Woche angegeben. Klingt ein wenig wie Inzidenz 100 in Deutschland, aber ich hab dann nochmal nachgerechnet:

Die Inzidenzzahl in Deutschland gibt die Anzahl der Fälle innerhalb von 7 Tagen berechnet auf 100.000 Einwohner an. Für Taipei City mit seinen etwas mehr 2,6 Mio. Einwohnern entsprächen durchschnittlich 100 Fälle pro Tag innerhalb von 7 Tagen (also mindestens 700 Fälle) einer Inzidenzzahl von 26,5. Für New Taipei mit seinen etwas mehr als 4 Mio. Einwohnern einer Inzidenzzahl von 17,4.

Bedeutet: Dort, wo Deutschland aus dem Lockern aufgrund der „niedrigen“ Inzidenzzahl gar nicht mehr herauskommen würde, fände in Taiwan ein richtiger Lockdown statt.

Es ist also nicht davon auszugehen, dass es in nächster Zeit zu einer Situation in Taiwan kommt, in der mehr als 10.000 Infektionsfälle pro Tag als „Erfolg“ angesehen werden, mit dem man zufrieden sein kann. Die Zahl von 180 Infektionsfällen ist hier in Taiwan vielleicht der richtige Schockmoment, den es bis zur Verfügbarkeit einer großflächigen Impfkampagne gebraucht hat.

Wie sieht es eigentlich damit aus?

Nun, bislang hat Taiwan 317.000 Dosen AstraZeneca erhalten.

Mehr nicht.

EU first und so.

Insgesamt wurden etwas mehr als 20 Mio. Impfdosen unterschiedlicher Hersteller bestellt, aber ob diese im Laufe des Jahres noch geliefert werden steht in den Sternen. Erschwerend kommt dazu, dass AstraZeneca aufgrund der negativen Presse einen sehr schwer schweren Stand in Taiwan hat und sich aufgrund der bislang hervorragenden Situation darauf verlassen wurde, dass a) entweder anderer Impfstoff geliefert und/oder b) Taiwan mit der Entwicklung seines eigenen Impfstoffs fertig wird. Bislang wurde nur etwas mehr als die Hälfte des gelieferten Impfstoffs verimpft. Vielleicht bringt der jetzige Ausbruch noch einen Schub, denn ein Teil der Impfdosen läuft Ende Mai ab und müsste dann weggeschmissen werden.

Zumindest gibt es die Hoffnung, dass der in Taiwan entwickelte Impfstoff bis Ende Juli einsatzbereit ist. Ich bin mir relativ sicher, dass ein allgemein gut angenommener, in Taiwan produzierter Impfstoff, innerhalb von wenigen Monaten verimpft werden könnte. Das steht allerdings alles noch nicht wirklich fest und im Moment muss Taiwan halt sehen, wie es diesen bislang größten Ausbruch von Coronafällen wieder in den Griff bekommt.

Deutsche unter sich

Jetzt ist es also wirklich passiert. Die Facebook Gruppe „Deutsche in Taiwan“ wurde in eine private Gruppe umgewandelt, ohne die Möglichkeit zu haben, dies wieder rückgängig zu machen.

Als langjähriger Administrator und sozusagen Neugründer der Gruppe hat mich dieser Schritt gleichermaßen überrascht und enttäuscht. Nun man kann sich natürlich fragen, warum ich mir als mittlerweile zwei Mal zurückgetretener Administrator überhaupt noch Gedanken darüber mache, aber eben weil ich sowohl die Entstehungsgeschichte als die Entwicklung der Gruppe sehr genau kenne, möchte ich hier schreiben, warum ich diese Entscheidung sehr bedauerlich finde.

Zunächst ein bisschen Geschichte…

Die Facebook Gruppe „Deutsche in Taiwan“ wurde am 22.08.2013 von einem deutschen Austauschschüler in Taiwan gegründet. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland lag die Gruppe ohne Moderation allerdings ziemlich brach. Anfang 2015 habe ich die Gruppe dann zufällig auf Facebook entdeckt. Ich weiß gar nicht mehr genau wieso, aber ich vermute, dass ich auf der Suche nach einer Alternative zum deutschen Forum auf Forumosa gewesen bin. Es gab zwar schon einige Beiträge und Fragen, wie wir sie in der heutigen Form kennen, aber die meisten Beiträge waren mehr oder weniger einfach nur Spam.

Bereits damals waren die Möglichkeiten des „Community Building“ auf Facebook wesentlich besser als in einem klassischen Forum. Ich dachte mir damals, dass ein zentraler Anlaufplatz für in Taiwan lebende Deutsche eine wirklich gute Idee wäre und schrieb deshalb den Original-Admin an, ob er bereit wäre, mir als in Taiwan lebenden Deutschen ebenfalls Admin-Rechte zu geben. Dies geschah dann auch recht knapp und zügig, so dass ich am 10. Juni 2015 folgendes in der Gruppe schreiben konnte:

Liebe Gemeinde,

der Original-Admin dieser Gruppe hat mir jetzt auch die Berechtigung verliehen, hier potentiell unerwünschte Beiträge zu entfernen. Mit den letzten paar Beiträgen für Deutschlernseiten und dem Kettenbriefdings ist dies bereits geschehen. Da ich das Löschen von Beiträgen allerdings ungern ganz allein entscheiden möchte, bitte ich euch, diese bei Bedarf über das Menü rechts oben in jedem Beitrag dem Admin zu melden. Danke sehr und weiterhin viel Spaß! 🙂

Für mich persönlich war das der offizielle Startschuss für die Gruppe in der heutigen Form. Und mit der Moderation von Beiträgen, dem Blockieren von Spam und anderen administrativen Entscheidungen und Regeln, die teilweise bis heute Bestand haben, wuchs die Gruppe ab Sommer 2015 beständig. Der Reboot war also gelungen!

Was ich allerdings vollkommen unterschätzte war die Tatsache, dass sich gefühlt 90% aller frühen Gruppenmitglieder in die folgende Kategorie einordnen ließen: in Taipeh lebende deutsche Expats.

Das ist ja an sich nichts Schlimmes, nur für mich als nicht in Taipeh lebender nicht-Expat sind Probleme wie die Verfügbarkeit von Spülmaschinentabs in Taipeh halt wenig interessant. Erschwerend kam noch hinzu, dass ich ungefähr ab diesem Zeitpunkt beruflich ziemlich stark ausgelastet war und soziale Netzwerke da einfach kontraproduktiv gewirkt haben. Im Oktober 2015 habe ich die Administration der Gruppe schließlich weitergegeben und sogar mein Facebook Konto einige Monate lang deaktiviert. Social Distancing bereits damals, an dieser Stelle aber besser als Digital Detox, digitale Entgiftung bezeichnet.

Und ein halbes Jahr später sah die Welt für mich dann auch schon ganz anders aus. Mit meinen Arbeitgebern in Taiwan konnte ich gute Fortschritte in Sachen Effizienz und allgemeiner Work Life Balance erzielen und meine Frau und ich erwarteten die Geburt unseres zweiten Kindes 🙂

Ausgestattet mit dieser Motivation begab ich mich im April 2016 wieder zurück auf Facebook und als Admin in die Gruppe. Diese war mittlerweile weiter angewachsen und es stellte sich auch heraus, dass sich unterschiedliche Moderationsstile durchaus positiv ergänzen können.

Mein Fokus lag schon immer auf die Vermittlung von Informationen.

Der zweite Satz der Gruppenbeschreibung, geschrieben vom Urgründer, hat sich deswegen seit dem ersten Tag auch nicht verändert:

„Zum Austauschen von Insiderinformationen, Tipps und für Fragen.“

Allerdings ist es manchmal ziemlich schwierig zu entscheiden, was noch als „Information“ gilt und was z.B. als „Meinung“. Schließlich kann eine Meinung, vernünftig begründet, ebenfalls eine Fülle von Informationen enthalten. Andererseits kann eine Meinung, emotional vorgetragen und nur bedingt auf Fakten basierend, auch zu sehr viel Streit und einer vergifteten Atmosphäre führen, also genau das Gegenteil von dem, was mit der Gruppe eigentlich bezweckt wurde.

Durch das zu diesem Zeitpunkt praktizierte Vier-Augen Prinzip und dem Anspruch, weiterhin qualitativ hochwertige Inhalte für die Gruppe zu liefern, hat sich dieser Zwiespalt aber glücklicherweise ziemlich schnell aufgelöst und in den folgenden Jahren machte die Gruppe sowohl inhaltlich als auch administrativ sehr viel Spaß. Es lief einfach gut.

Ich weiß nicht genau, wann sich dass danach wieder änderte, aber in meinen Augen gab es verschiedene Gründe dafür:

Ungefähr ab der Zahl von 2.500 Mitgliedern war ziemlich offensichtlich, dass die Gruppe nicht mehr nur aus Taiwan in lebenden Deutschen besteht, sondern auch aus vielen Menschen, die auf irgendeine Weise mit Taiwan verbunden sind. Und das ist ja auch sehr erfreulich, denn wie bereits geschrieben, unterschiedliche Perspektiven können den eigenen Horizont extrem erweitern und zu mehr Vielfalt führen.

Mit der stets wachsenden Zahl der Mitglieder stieg aber auch die Zahl der eingereichten Beiträge und zu den Inhalten aus der Kategorie „Information“ und „Meinung“ kamen dann auch verstärkt Inhalte aus der Kategorie „Spaß“ hinzu. Oder besser gesagt „Klatsch, Tratsch und Laberei“. Auf einmal ging es dann manchmal auch um deutsche Innenpolitik, amerikanische Innenpolitik und viele andere Sachen, bei denen man mit zwei zugedrückten Augen zwar noch immer einen Bezug zu Taiwan herstellen konnte, die aber stets recht inhaltslose Diskussionen ohne wirklichen Informationsgehalt zusammenbrachten.

Das Administrationsteam, mittlerweile auf drei angewachsen, hat mit der Zeit immer weniger nach den selbst gesetzten Regeln gehandelt, sondern mehr auf den Faktor „Spaß“ bzw. auf das Motto „fast alles soll rein“ gesetzt. Andererseits wurden andere Beiträge mit einem durchaus stärkeren Bezug zu Taiwan nicht freigegeben oder nachträglich entfernt.

Ich kenne die Gründe für diesen schleichenden Wandel nicht. Ich persönlich muss mir den Vorwurf machen lassen, dass ich nicht überzeugend genug gegen die, meiner Meinung nach, Verwässerung der eigentlich angedachten Inhalte der Gruppe eingetreten bin. Das tut mir leid all diejenigen, denen dies mit der Zeit auch aufgefallen ist und die mich privat darauf angesprochen und die Gruppe teilweise deswegen verlassen haben.

Ich hätte eine Grundsatzdiskussion anregen müssen, um klipp und klar zu definieren, welche Inhalte zukünftig in der Gruppe erwünscht sind und welche nicht. Stattdessen habe ich es, größtenteils bereits aus Desinteresse, einfach weiterlaufen lassen.

Meiner Meinung nach hat sich die inhaltliche Qualität der Gruppe in den letzten zwei Jahren deutlich verschlechtert. Es gibt hier und da natürlich noch immer richtige „Insiderinfos“, die man an anderer Stelle einfach nicht bekommen kann, aber insgesamt hat die „Laberfraktion“ deutlich das Kommando übernommen. Man könnte auch sagen: Aus einer Infoplattform hat sich mittlerweile ein typischer deutscher Stammtisch entwickelt, der ab und zu auch mal brauchbare Infos abwirft.

Das ist okay.

Oder anders gedacht: Wenn das die „Community“ so möchte, dann ist es eben so. Auf Facebook gibt es so eine Art Leitfaden für Gruppenadministratoren, in dem sinngemäß irgendwo steht, dass das Interesse eines Administrators niemals über dem Interesse der Gruppe stehen soll. „The needs of the many outweigh the needs of the few“ wie Mr. Spock schon zu sagen pflegte. Allerdings wurde die Community in dem Fall nicht gefragt, sondern dieser Zustand durch administrative Entscheidungen hergestellt.

Wie dem auch sei. Aus allgemeiner Unzufriedenheit über die Verhältnisse vor und hinter den Kulissen habe ich mich im Juni 2020 abermals aus dem Kreise der Administratoren und der Gruppe verabschiedet. Ich persönlich habe keine beruflichen Vorteile aus der Mitwirkung an dieser Gruppe, muss mir also gut überlegen, wie viel meiner Freizeit ich dafür hergebe. Zu dieser Zeit war dann für mich erneut der Punkt erreicht, an dem der zeitliche Aufwand den gefühlten Nutzen deutlich übertraf. Dieses Mal allerdings nicht, weil ich beruflich so stark ausgelastet war, sondern weil die inhaltliche Qualität in meinen Augen stark zu wünschen ließ.

So viel dazu.

Dieser Post könnte hier zu Ende sein, aber wer mich kennt, der weiß, dass es hier eigentlich erst losgeht 😉

Denn obwohl ich aus der Gruppe ausgetreten bin, habe ich dann und wann trotzdem auf Informationen aus der Gruppe zugegriffen. Zum einen aus Recherchezwecken, z.B. für den Artikel zum Führerscheintausch, zum anderen aber auch weil ich ungefähr weiß, was ich vor einigen Jahren zu einem bestimmten Thema mal geschrieben habe und ich in einem anderen Zusammenhang wieder darauf zugreifen möchte.

Und ein weiterer Grund ist die Nachvollziehung, woher bestimmte Besucherspitzen im Blog stammen, da Feedback zu einem Blogartikel heute meist nur im Rahmen von Facebook Kommentaren und nicht im Rahmen von Blog Kommentaren gegeben wird. Ist leider so.

Im Zuge solcher seltenen Ausflüge in die leider mittlerweile nicht besser gewordene Gruppe habe ich dann vor ein paar Wochen den folgenden Post entdeckt.

Liebe Leute, es ist Zeit für eine demokratische Entscheidung zu dieser Gruppe. Bislang ist sie ja öffentlich. Das heißt, jeder kann sehen, was wir hier schreiben und antworten. Nicht nur jeder Facebook-Nutzer, sondern jeder inkl. Google. Die Alternative wäre, dass nur noch bestätigte Gruppenmitglieder die Posts und Kommentare sehen können. Nun hat ein Gruppenmitglied angeregt, das so zu ändern.

Interessant.

Um hier aber gleich mal etwas klarzustellen. Diese Frage wurde bereits im Jahr 2017 durch eine Abstimmung demokratisch entschieden. Angeregt wurde sie: von mir.

Oh shit, und jetzt kennst du auch meinen Klarnamen!

Warum es im Jahr 2021 durch die Bitte eines einzigen Gruppenmitglieds zu einer erneuten Abstimmung kommt, ohne darauf hinzuweisen, dass es eine solche bereits 2017 gab, müsst ihr eure aktuellen Admins fragen. Ich habe mich sofort daran erinnert.

Aber der Text geht noch weiter, und zwar mit Begründungen für und gegen diese Entscheidung, die ich nachfolgend natürlich kommentieren werde 😉

Die Begründung:

PRO ABÄNDERUNG

Wenn man meinen Namen googelt, wird die Facebook Gruppe und meine Frage angezeigt. (da überlegt man sich dann mehrmals, ob man die Frage/ das Problem wirklich posten will.)

Wenn du nicht möchtest, dass dein Name per Google gefunden werden kann, dann benutze nicht deinen Klarnamen auf Facebook, sondern ein Zweitprofil. Oder erstell eine Facebook Seite. Mit der kann man auch Gruppen beitreten und man benötigt noch nicht mal eine zweite E-Mail Adresse.

Und wenn es Probleme bei der Freischaltung für die Gruppe gibt, da wir als Admins immer etwas misstrauisch sind, wenn ein quasi inhaltsloses Profil Mitglied der Gruppe werden will, dann einfach eine private Nachricht an einen Admin senden. Das kam immer wieder mal vor und wurde dann ganz unkompliziert erledigt.

Besser allerdings noch: Wenn du dir Sorgen um die Privatsphäre auf Facebook machst, dann benutze kein Facebook! Niemand kann dir garantieren, dass Beiträge einer privaten Gruppe auch immer privat bleiben werden. Es reicht nur ein simpler Konfigurationsfehler, der bei Facebook häufiger vorkommt als man denkt, um die Crawler von Suchmaschinen wieder fleißig sammeln zu lassen. Und natürlich liest Facebook im Rahmen ihrer „Datenschutzrichtlinie“ sowieso immer mit.

Weiter gehts mit Punkt 2:

Ich habe meine alten Beiträge gelöscht, bin aus der Gruppe ausgetreten, aber man kann die alten Fragen immer noch auf google sehen.

Dann musst du dich an Google wenden und dein Recht auf Vergessen einfordern. DU bist verantwortlich, welche Daten du im Internet hinterlässt, nicht andere für dich. Wenn du übrigens Antwort 1 beherzigst hättest, bräuchtest du Frage 2 gar nicht zu stellen.

Die Gruppe ist leicht zu finden. Wenn jemand eintreten will, kann er das gerne tun. Aber ich finde es nicht gut, dass man, selbst ohne in die Gruppe einzutreten, alles nachlesen kann. Das geht niemanden von außerhalb etwas an.

Es war schon immer Sinn und Zweck der Gruppe, dass die dort enthaltenden Informationen für alle verfügbar sind, egal ob Mitglied oder nicht. Ich hätte mich niemals an der Gruppe beteiligt, wenn sie auf Privat gestellt gewesen wäre. Viele Mitglieder, die wirklich interessente Inhalte geliefert haben, wären der Gruppe niemals beigetreten, wenn sie auf Privat gestellt gewesen wäre. Und der letzte Satz trieft nur so vor Überheblichkeit. Wer bist du zu entscheiden, wen etwas angeht und wen nicht?

Der Beitrag geht weiter mit der folgenden Überleitung:

Auch für die andere Seite gibt es Argumente. (Ich schreibe das jetzt der Vollständigeit halber und nicht, weil ich die eine oder andere Variante bevorzuge.)

Der Admin hat also keine Meinung zu einer der wichtigsten administrativen Entscheidungen für die Gruppe. Auch interessant.

CONTRA ABÄNDERUNG

Mehr Interessierte werden (z.B. durch Google) leichter auf die Gruppe aufmerksam und bekommen einen Eindruck, bevor sie sich entscheiden müssen, die Mitgliedschaft zu beantragen (nicht „der Katze im Sack beitreten“).

Vorab erstmal die Frage: Was habt ihr eigentlich immer mit Google?

Ich mache jetzt eben mal zwei Suchanfragen mit Google:

  1. Führerschein in Taiwan

Ergebnis: Kein Resultat auf der ersten Seite, das zur Gruppe verweist (aber geilerweise auf diesen Blog, immerhin Platz 8!)

  1. Wohnung in Taipeh mieten

Ergebnis: Kein Resultat auf der ersten Seite, das zur Gruppe verweist.

Weitere Versuche:

„In Taiwan studieren“: nichts

„Taipeh Job Möglichkeiten“: nichts

„Deutsche in Taiwan“: Top Treffer!

Ich schaffe es also gerade mal mit dem exakten Namen der Gruppe, diese über Google zu finden. Der Grund ist übrigens ganz einfach. Der Google Crawler bewertet und listet die Ergebnisse nach Verlinkungen und Aufrufen. Die paar hundert bis ein paar tausend Aufrufe, die ein Beitrag in der Gruppe generiert, sowie eine Handvoll Verlinkungen, reichen im Allgemeinen einfach nicht für die vorderen Plätze bei Google aus. Für Google ist die Gruppe bei allgemeinen Anfragen vollkommen uninteressant.

So, davon abgesehen stimme ich dem Vorschaueffekt einer offenen Gruppe zu. Es ist mir auch schon passiert, dass ich für eine geschlossene Gruppe Angaben zu meiner Herkunft und Absichten machen musste, nur um hinterher feszustellen, dass die Gruppe inhaltlich letzten Endes doch nicht meinem Geschmack betraf. In dieser Hinsicht sind geschlossene Gruppen sogar eher kontraproduktiv.

Auch wer keine Lust hat, der Gruppe beizutreten (evt. aus Privacy-Überlegungen), wer aus der Gruppe geschmissen wurde oder sie warum auch immer verlassen hat, kann die Inhalte lesen. Das kann auch wichtige Infos zu Visafragen, nach Katastrophen usw. betreffen.

Erstens das und zweitens, selbst wer nicht mehr der Gruppe angehört, hat dort eventuell früher trotzdem interessante und wichtige Inhalte geschrieben. Das gilt sogar für einige, die später aus anderen Gründen aus der Gruppe geworfen worden. Denen werden jetzt ihre eigenen Inhalte verwehrt. In einer geschlossenen Gruppe muss man sich als Nutzer also von jetzt an immer die Frage stellen, wie viel Zeit und Aufwand man in die Beantwortung von Fragen stecken möchte.

Im Prinzip ist das eine klassische Abwägung zweier Rechte:

a) das Recht auf Privatsphäre
b) das Recht am eigenen Inhalt

Um a) kann man sich ziemlich einfach selbst kümmern, wenn man weiß wie (Zweitprofil oder Verzicht)

Um b) zu wahren müsste man jeden selbst in der Gruppe erstellen Beitrag und Kommentar per Screenshot oder Copy and Paste sichern, damit man später nicht aus welchen Gründen auch immer vor geschlossenen Türen steht. Und dabei ist es unerheblich, welche Rechte in den Facebook AGB eingeräumt werden oder nicht. Inhaltlich verantwortlich für die Gruppe sind die Admins. Für die Privatsphäre in der Gruppe verantwortlich sind die Mitglieder, denn die Admins können diese gar nicht vollständig kontrollieren.

Das Wissen um die Öffentlichkeit der Threads könnte Leute disziplinieren, sich zusammenzureißen und vernünftig zu kommunizieren.

Nö. Aber deswegen steht da wohl auch „könnte“. Trolle haben sowieso ihre eigenen Mittel, ihre Identität zu verschleiern und manche Leute sind halt einfach Arschlöcher. Genau dafür sind aber die Admins da und genau deswegen müssen letztlich die Admins auch entscheiden, was noch toleriert werden soll und was nicht. Ob die Gruppe dabei auf Öffentlich oder Privat steht, ist da in meinen Augen völlig unerheblich.

Und zum Schluss:

Diese Gruppe war m.W. seit Ihrer Gründung (lange vor den aktuellen Moderatoren) auf öffentlich gestellt.

Die Gruppe war immer auf Öffentlich gestellt, aus den oben genannten Gründen. Im Jahr 2017 gab es eine Abstimmung darüber und aus der ergab sich, dass die Gruppe weiterhin öffentlich bleiben sollte. Einer der aktuellen Admins war damals auch schon Admin und hätte das wissen müssen.

Eine Umstellung auf nicht-öffentlich ließe sich offenbar später nicht mehr rückgängig machen.

Nicht „offenbar“, sondern „tatsächlich“. Seitdem ich mich mit Facebookgruppen beschäftige, wurde in den Einstellungen immer kommuniziert, dass sich eine Änderung von Öffentlich zu Privat ab einer Mitgliederzahl von 5.000 nicht mehr rückgängig machen lässt. Mehr als 7 Jahre lang war diese Grenze für die Gruppe allerdings nicht von Belang, weil sie weit von dieser Zahl entfernt war, vor allem noch im Jahr 2017.

Die Mitgliederzahl zum Zeitpunkt dieser erneuten Abstimmung allerdings: 5.029

Interessant. Nur wenige Tage nach dem Überschreiten dieser seit vielen Jahren gültigen Grenze kommt dann diese Abstimmung. Aber nun gut, mittlerweile scheint Facebook diese Regelung sowieso geändert zu haben, denn in den entsprechenden Einstellungen findet sich diese Zahl jetzt nicht mehr.

Es war schon immer unverständlich, warum eine Gruppe beispielsweise als Privat starten könnte, um dann bei sagen wir 4.800 auf Öffentlich stellen zu können, bei 5.200 aber nicht. Dieses nicht rückgängig machen können dient in diesem Fall tatsächlich der Privatsphäre, aber halt für Gruppen, die absichtlich als Privat gestartet wurden und nicht nach über 7 Jahren Öffentlichkeit.

Der letzte Satz:

Also lasst uns das diskutieren und abstimmen.

Ich wiederhole mich. Diskutiert und abgestimmt wurde bereits 2017.

Die neue Diskussion habe ich dann mehr oder weniger interessiert verfolgt, da einige Argumente wie bereits befürchtet einfach nur hanebüchener Unsinn waren. Dieser scheint sich aber durchgesetzt zu haben, denn zum Zeitpunkt meines Besuches lagen die Befürworter für Privat deutlich vor den Befürwortern von Öffentlich. Vielen war es aber schlichtweg auch einfach egal. Ich würde das Ergebnis der Abstimmung ja gerne hier posten, aber der entsprechende Beitrag war dann einige Tage später wieder aus der Gruppe verschwunden. Komisch. Die Abstimmung von 2017 ließ sich hingegen immer noch finden.

Danach tat sich dann einige Wochen nichts, bis die Gruppe dann am 6. Februar endgültig und unwiderruflich auf Privat gestellt wurde. Warum an diesem Tag, warum mehrere Wochen nach der Abstimmung, keine Ahnung. Und da ich jetzt keinen Zugriff mehr habe und auch nicht haben möchte, werde ich es auch nicht erfahren.

Lustig ist es aber schon. Denn wäre bis Gruppe bis dato nicht öffentlich gewesen, hätte ich von der erneuten Abstimmung, Diskussionen und abschließenden Exekution gar nichts mitbekommen 😛

Leider reiht sich diese Entscheidung in meinen Augen nahtlos in einige administrative Fehlentscheidungen der Vergangenheit ein, die u.a. einen Grund für meinen Abgang waren. Ich hätte mir aber bis heute nicht vorgestellt, dass eine so weitreichende und unumkehrbare Entscheidung wie die Änderung des Gruppenstatus von den aktuellen Admins umgesetzt wird.

Angesichts vieler Abende mit Diskussionen und Kompromissen zu den inhaltlichen Belangen der Gruppe fühle ich mich jetzt schon ein wenig verarscht, denn vieles was damals besprochen wurde, schien schon seit einiger Zeit nicht mehr zu gelten.

Schade, aber so ist es nun mal. Gelegenheit gekonnt ausgenutzt.

Die meisten Mitglieder wird das Ganze aber sowieso nicht interessieren. Dies wiederum ist nicht wirklich weiter wichtig, denn die meisten dieser Mitglieder tragen ohnehin wenig Interessantes zur Gruppe bei.

Womit wir bei der Abrechnung wären 😉

Wobei ich mich persönlich als wenig nachtragend bezeichnen würde. Ich denke aber, dass ich im Laufe der Jahre genügend Beiträge und Mitglieder in der Gruppe gesehen habe, um zu beurteilen, für was diese Gruppe gut ist und für was nicht.

Gut ist die Gruppe für Fragen zu:

  • Speziellen Jobmöglichkeiten in Taiwan.

Es gibt wohl keine bessere Anlaufstelle neben der AHK Taipeh, um Jobs, Praktika etc. mit deutschem Bezug in Taiwan zu finden.

  • Speziellen Tipps für Touristen.

Genau so etwas war stets mit „Insidertipps“ in der Gruppenbeschreibung gemeint 😉

  • Kontaktsuche zu anderen Deutschen.

Wer es halt braucht. Mich persönlich hat das noch nie interessiert, Angebot und Nachfrage scheint aber vorhanden zu sein.

Mittelmäßig ist die Gruppe bei Fragen zu:

  • Behördlichen Angelegenheiten aller Art.

Das liegt allerdings weniger an den Mitgliedern, sondern eher an der Vielzahl und unterschiedlicher Auslegung von behördlichen Regeln, sowohl in Taiwan als auch in Deutschland. Von den Erfahrungen anderer Mitglieder zu lesen, ist zwar als Vorbereitung gut, letztlich aber keine Garantie, dass die behördliche Angelegengheit bei einem selbst auch klappt.

  • Meinungen über Nachrichtenartikel.

Das individuelle Wissen und die Erfahrung der Mitglieder ist einfach zu verschieden, um wirklich sinnvolle Diskussionen auf Augenhöhe führen zu können. In meinen Augen sind deutsche Artikel über Taiwan nice to have und zur Information deutscher Leser in Deutschland auch notwendig, warum die aber extra in einer Gruppe für in Taiwan lebende Deutsche noch diskutiert werden müssen, erschließt sich mir bis heute nicht. Geht wohl auch um Aufmerksamkeit und Pushen des eigenen Business.

Schlecht ist die Gruppe bei Fragen zu:

  • Gesellschaftlichen, kulturellen und familiären Themen in Taiwan

Bei diesem Punkt merkt man leider immer noch die Expat Lastigkeit der Gruppe. Vielleicht werden familiäre Themen aber auch allgemein als zu privat angesehen. Ich bin mir aber trotzdem ziemlich sicher, dass die meisten mit Begriffen wie „sajiao“, „xiaoshun“ etc. nichts werden anfangen können. Und was kulturelle Themen angeht. Meiner Meinung können deutsche Bücher über Taiwan bestenfalls einen Bruchteil von dem beschreiben, was Taiwan kulturell ausmacht. Man muss das schon selbst erleben.

  • Politischen Themen in Taiwan inklusive Verhältnis zu China

Für die meisten politischen Themen fehlt den meisten Mitgliedern das Wissen, eine gewisse Zahl an Lebensjahren in Taiwan und das Ohr zum Einfangen der allgemeinen Stimmung der Taiwaner. Das funktioniert meiner Meinung nach nur auf Chinesisch, denn sobald Taiwaner in einer Fremdsprache reden, ändert sich deren Ausdrucksweise und kommen teilweise ganz anders rüber. Zudem werden die meisten Diskussionen, wie auch bei Nachrichtenartikeln, oft mit einer gewissen Ideologie geführt. Insgesamt wenig zielführend.

So endet hier also ein Projekt, dass ich vor gut 6 Jahren begonnen habe. Ich wünschte, ich könnte sagen, dass es sich insgesamt für mich gelohnt hätte, aber nein, am Ende überwiegt der Ärger über meine eigenen Fehler und die Enttäuschung über die in meinen Augen negative Entwicklung.

Hätte ich das ganze eher gewusst, hätte ich mich bei vielen Themen nicht so sehr reingehängt, Erklärungen geschrieben und Diskussionen geführt. Ich hätte es so angehen sollen, wie wohl die meisten mit so einer Gruppe umgehen. Nett, dass es sie gibt, aber wirklich wichtig ist sie nun auch wieder nicht.

Als ich nach Taiwan gekommen bin, gab es Facebook noch nicht mal. Und trotzdem ist aus mir was geworden 😉

Deutschen Führerschein in Taiwan umtauschen

So, gebongt!

Wie vor einiger Zeit an anderer Stelle bereits angekündigt, habe ich jetzt die seit Anfang 2020 bestehende Möglichkeit genutzt, meinen deutschen Führerschein in den taiwanischen Führerschein umzutauschen, ganz ohne Prüfungen.

Es gibt sowohl gute Gründe dafür als auch dagegen, allerdings ist für mich persönlich der Umtausch mit wesentlich mehr Vorteilen als Nachteilen verbunden. Falls du demnächst vielleicht auch diesen Schritt gehen möchtest, ist hier mein mehr oder weniger ultimativer Erfahrungsbericht mit kleinen Details, die du sonst noch nie irgendwo gelesen hast. Punkt 2 wird dich überraschen 😉

Hier nochmals die Mindestvoraussetzungen, um überhaupt von dieser neuen Regelung profitieren zu können.

– Gültiger deutscher Führerschein
– ARC mit mehr als 6 Monaten Gültigkeit oder APRC

Sollten diese Mindestvoraussetzungen erfüllt sein, kannst du an den Start gehen und dich schon mal etwas aufwärmen. Denn der Weg zum taiwanischen Führerschein besteht aus 3 Etappen bzw. 3 verschiedenen Orten, an denen du dich einzufinden hast und verschiedene Aufgaben lösen musst:

1. Deutsches Institut Taipeh

Wir benötigen eine so genannte „englische Übersetzung des deutschen Führerscheins mit Beglaubigung“. Dazu müssen wir uns in der Zeit von Montag bis Donnerstag zwischen 9 Uhr – 11:30 Uhr beim Deutschen Institut Taipeh im 33. Stock des Taipei 101 einfinden. Wenn du nicht in Taipeh wohnst, ist das dein Problem.

Ich wohne nicht in Taipeh, also habe ich vorab nachgefragt, ob eine Beantragung auch per Post ginge. Wäre ja auch aus Gründen des Coronaschutzes keine schlechte Idee. Eine Beantragung per Post ist allerdings nicht möglich. Auch nicht in Coronazeiten. Also möglich wäre es natürlich schon, aber es wird halt nicht so gemacht. So begab ich mich also an einem Montagmorgen mit Bus, Schnellzug und U-Bahn zum DI ins Taipei 101.

Wer es noch nicht kennt: Unten bei der Besucheranmeldung um Einlass bitten und Besucherkarte geben lassen. Und in Coronazeiten bitte nicht vergessen, seine Kontaktdaten am Informationsschalter anzugeben. Dann erstmal in den 35. Stock fahren, um dann wieder in den 33. Stock zu fahren. Klingt komisch, ist aber so. Dann mehrmals scharf links und diesen unheimlichen Gang runter, Shining lässt grüßen. Dann in Empfang genommen werden, sich aller Wertsachen inklusive Handy entledigen, durch einen Metalldetektor gehen (seit wann das?) und warten, bis man sein Anliegen vorbringen darf.

Dieses ging dann glücklicherweise recht zügig. Deutschen Führerschein und ARC/APRC vorzeigen und wie in meinem Fall dann eben das Glück haben, dass nichts los war und die Angelegenheit innerhalb von 5 Minuten anstatt innerhalb von 5 Werktagen erledigt wurde. Der fein säuberlich zurechtgelegte frankierte und adressierte Rückumschlag muss dann halt mal anderweitig zum Einsatz kommen. Es gibt allerdings keine Garantie dafür, dass das immer so schnell geht, also besser immer einen Rückumschlag vorbereiten oder sich auf eine zweite Tour zum Abholen vorbereiten.

Wie ich schon vermutet hatte, ist die „englische Übersetzung des deutschen Führerscheins mit Beglaubigung“ ein Standarddokument, in dem jeweils die individuellen Daten (Inhaber, Ausstellungsort, Führerschein Nr., Fahrerlaubnisklassen, Beschränkungen) des deutschen Führerscheins eingesetzt werden. Dabei ist der Begriff „Übersetzung“ eigentlich nicht richtig, denn es handelt es sich hierbei um eine Bescheinigung (Certificate) mit einer Beschreibung der jeweiligen deutschen Fahrerlaubnisklassen in englischer Sprache. Letzteres findet man offiziell auch auf der englischen Webseite des Bundesverkehrsministeriums (gibt es wirklich!) als auch inoffiziell in der englischen Wikipedia. Soll heißen: Insgesamt ist das Dokument jetzt kein Hexenwerk, sondern relativ einfach mit den jeweils erforderlichen Informationen auf Englisch gehalten. Als Gebühr werden dafür dann 25 Euro zum aktuellen Taiwan-Dollar Tageskurs berechnet (bei mir 780 NT). Das ist okay. Zumindest weniger als ich sonst so beim Deutschen Institut lasse 😉

2. Antragsformular mit Gesundheitszeugnis

Das ist ein wenig tricky, wenn man nicht weiß, was gemeint ist und einem die Angaben des Deutschen Instituts auch nicht weiterhelfen können.

Im Grunde geht es um dieses Formular:

Antrag Kfz-Führerschein

Laut DI benötigt man ein „ausgefülltes Antragsformular („driver’s license application form – Form No.21“)

Nun besteht dieses Antragsformular aus vier wesentlichen Teilen:

– Persönliche Angaben
– Ergebnisse einer Gesundheitsprüfung
– Ergebnisse der schriftlichen und praktischen Fahrprüfung (entfällt in unserem Fall)
– Selbstauskunft über etwaige Krankheiten oder sonstigen Konditionen, die dem Führen eines Fahrzeugs entgegen stehen könnten (einfach viermal Nein anhaken)

Um die notwendige Gesundheitsprüfung muss man sich selbst kümmern und zwar bevor man sich mit dem Antrag zum Kraftfahrzeugamt begibt.

Warum fehlt so eine wichtige Information?

Nun, ich vermute das passiert, wenn man einfach die Angaben von der englischen Webseite des Kraftfahrzeugamts Taipeh unvollständig abschreibt und nicht überprüft, ob diese auch wirklich stimmen.

Zum Vergleich:

Deutsches Institut:

ausgefülltes Antragsformular („driver’s license application form – Form No.21“)

DMV Taipei Englisch:

Driver’s license application form (Form No.21) is available from the Motor Vehicles Office or download from our website . One ID photo should be adhered on the form, with the medical checkup certificate by any public hospital within 1 year.

DMV Chinesisch:

普通汽車駕駛執照登記書或機器腳踏車駕駛執照登記書1份,並經公立醫院或衛生機關或公路監理機關指定醫院,或由附設有檢查設備及檢定合格醫事人員之公路監理機關或指定之診所、團體體格檢查及體能測驗合格(申請換領汽車及大型重型機車駕照須體檢及體能測驗;普通重型機車駕照者免辦體能測驗)(體檢有效期限1年)。

DeepL Übersetzung:

Eine (1) Kopie des Anmeldeformulars für einen regulären Pkw-Führerschein oder ein Anmeldeformular für einen Motorradführerschein sowie eine ärztliche Untersuchung und ein körperlicher Eignungstest durch ein öffentliches Krankenhaus oder ein von einer Gesundheitsbehörde oder einer Autobahnbehörde benanntes Krankenhaus oder durch eine Autobahnbehörde oder eine benannte Klinik mit Untersuchungsgeräten und qualifiziertem medizinischem Personal (ärztliche Untersuchung und körperlicher Eignungstest sind für die Erneuerung von Pkw- und schweren Motorradführerscheinen erforderlich; Personen mit regulären schweren Motorradführerscheinen sind von dem körperlichen Eignungstest befreit) (Gültigkeitsdauer der ärztlichen Untersuchung beträgt ein Jahr).

Pro Tipp an das Deutsche Institut und auch jeden anderen in Taiwan lebenden Ausländer:

Verlasst euch niemals auf die englischen Angaben taiwanischer Behörden, nie!

Checkt alle Angaben immer auf den chinesischen Seiten gegen.

Und wenn ihr schon von der englischen Seite abschreibt, dann vergesst bitte nicht die Hälfte! Ich verstehe sowieso nicht, warum ihr das nötig habt. Ihr habt doch perfekt Deutsch sprechende Taiwaner im Büro sitzen, warum bittet man die nicht, die chinesische Version zu übersetzen?

Ok, Punkt 1 zum Meckern abgehakt, gleich kommt noch einer.

Zu klären ist jetzt erstmal, wo man diese Gesundheitsprüfung machen kann, denn für die Beantragung eines Führerscheins kann das nicht einfach jedes Krankenhaus/jede Arztpraxis machen. Ich habe bei meiner Recherche keine englische Liste gefunden und die Anleitungen auf den typischen Englischlehrer Seiten waren wenig hilfreich und teilweise veraltet.

Dann ist mir aber wieder eingefallen, was ich oben geschrieben habe und mit 駕照體檢 (Führerschein Gesundheitsprüfung) und Google dann diese Seite des taiwanischen Kraftfahrzeugamts gefunden. Dort dann in der Dropdown-Liste links Stadt oder Landkreis auswählen und rechts den Bezirk. Ja sorry, ich weiß, dass die Listen auf Chinesisch sind. Gewöhn dich einfach dran.

Ich glaube aber trotzdem, dass das zu schaffen ist. Als Ergebnis siehst du dann die für deinen Bezirk registrierten Kliniken/Praxen, die zur Ausstellung eines Gesundheitszeugnisses zur Beantragung eines Führerscheins berechtigt sind. Auch auf Chinesisch, aber mit Google Maps kein Problem. Falls jemand allerdings eine englische Version finden sollte, dann bitte Bescheid geben!

Abklären sollte man auch noch, wann genau im von dir gewählten Etablissement die Gesundheitsprüfung durchgeführt wird, denn bei mir war das komischerweise nur abends. Auch da hat mir Google bzw. ein Google Nutzer mit einem Foto der Öffnungszeiten geholfen. Anrufen ist aber auch eine Option.

Und jetzt wieder zurück zum Formular:

Du erhälst es, wenn du dich zum ausgewählten Krankenhaus/zur ausgewählten Klinik begibst und sagst, dass du ein 駕照體檢 (Health Check for driver’s license) machen willst. Von dir selbst auszufüllen gibt es hier nur deine persönlichen Angaben wie ARC/APRC Nummer, Name, Geburtsdatum, Geschlecht, Telefonnummer und Adresse. Natürlich auf Chinesisch. Auf der Rückseite dann viermal Nein anhaken und rechts unterschreiben.

Noch viel wichtiger ist allerdings die Größe eines Fotos, das man ebenfalls parat haben muss. Das Deutsche Institut schreibt auf seiner Webseite ja von „zwei Passfotos (Frontalansicht, ohne Hut/Kopfbedeckung, Größe 3 cm x 2,5 cm, Hochglanz)“. Der erste Teil stimmt auch, denn man braucht 1 Foto für das Antragsformular und 1 Foto für den Führerschein. Die Angabe von 3 cm x 2,5 cm ist aber schlichtweg falsch. Richtig sind 3,5 cm x 2,8 cm. Aber auch das ist in Taiwan ziemlich nichtssagend, denn die übliche Maßangabe für diese Art von Fotos ist 一吋 = 1 cun. Dieses Maß ist gleichbedeutend mit 1 englischen Inch, aber eigentlich ist cun in der Form 寸 eine eigene chinesische Maßeinheit und unterscheidet sich vom englischen Inch (Zoll). Die taiwanischen Behörden scheinen manchmal selbst nicht zu wissen, was sie genau meinen, denn ich habe auf Formularen beide Versionen gefunden. Wer es genau wissen möchte.

Warum reite ich jetzt abermals so ausführlich darauf rum? Nun, wer das nicht weiß könnte üblicherweise annehmen, dass „zwei Passfotos“ auch wirklich „zwei Passfotos“ bedeutet, also Fotos die in einen Pass kommen. Stimmt aber nicht, denn Passfotos haben in Taiwan die Maßangabe von 二吋 = 2 cun = 2 inches. Oder 4,5 cm x 3,5 cm, was zwar mathematisch gar keinen Sinn macht, wenn man von 2 inches ausgeht, aber deswegen erkläre ich es ja hier. Mit solchen „normalen“ Passfotos bin ich dann auch losgegangen, denn als Mann kennt man sich ja mit Größen gut aus und muss nicht extra nachmessen 😉

Da war die Arzthelferin aber ganz anderer Meinung und lehnte die Annahme meiner Passfotos (2 cun) ab und bestand auf 1 cun Fotos. Zum Glück stand etwas weiter die Straße ein Fotoautomat, der mir dann auch freundlicherweise die nachstehenden Informationen bestätigt hat.

Also merken:

一吋 / 1 cun / 1 inch = Führerschein und Gesundheitszeugnis

二吋 / 2 cun / 2 inches = Reisepass, ID, ARC

Und an dieser Stelle muss ich festhalten: Ein Fotoautomat in Taiwan gibt mir genauere Informationen als die Webseite des Deutschen Instituts.

Nun ist es abermals so, dass das Kraftfahrzeugamt in Taipeh in der englischen Version genau dieselbe falsche Angabe macht (2 recent photos with front view of face without hat(size 3cm x 2.5cm)and taken within the recent 2 years) und das abermals so vom DI übernommen wird, obwohl es in der chinesischen Version richtig steht (本人最近2年內拍攝之1吋光面素色背景脫帽五官清晰正面半身彩色照片同樣式2張,並不得使用合成照片)

Liebe Landsleute vom Deutschen Institut, bitte versteht mich nicht falsch. Ich weiß, dass es eigentlich nicht eure Aufgabe ist, Informationen über die Anforderungen taiwanischer Behörden zu geben. Aber die Angaben sind trotzdem unvollständig bzw. falsch und beziehen sich auch nicht auf zwischenzeitlich eingetretene rechtliche Neuerungen, wie es verständlicherweise in eurem Disclaimer steht, sondern durch das Kopieren einer bereits fehlerhaften Vorlage.

Das kann passieren, aber vielleicht sollte man dann in Onlineforen mal etwas weniger hämisch über die „Schwarmintelligenz“ schreiben und auf die Perfektion der eigenen Webseite verweisen, wenn man dort selbst fehlerhafte Informationen weiterverbreitet.

Also, besser auch nicht immer auf die „Institutsintelligenz“ vertrauen, sondern auch mal Leuten, die mit sowas eigene Erfahrungen gemacht haben. Man könnte auch von denen durchaus was lernen, wenn man denn wollte, ok?

Nachdem mein Fotoproblem also kurzerhand durch den Fotoautomaten gegen eine Gebühr von 150 NT erledigt wurde, ging es also dann endlich los mit der Gesundheitsprüfung.

Was wird da so gemacht?

Eine Arztpraxis in Luzhu hat dazu freundlicherweise einen Blogbeitrag mit Bildern (weiter unten auf der Seite) erstellt. Da kann man sich dann auch angucken, was ich hier so schreibe:

Bei mir gab es zunächst einen Test auf Rot/Grün Schwäche mithilfe eines kleinen Buches.

Dann Feststellung von Gewicht und Größe.

Dann in ein Gerät schauen, in dem sich eine Walze mit Snellen Haken schnell dreht. Dies sind die zu jeweils einer Seite offenen Haken, die auch im normalen Sehtest vorkommen. Die Aufgabe ist nun die jeweilige Richtung der Öffnung in schneller Abfolge zu benennen, wahlweise auf Chinesisch oder Englisch.

Dabei ist mir etwas lustiges auffallen. Ich bin zwar in der Lage, locker auf oben 上 und unten 下 in schneller Abfolge auf Chinesisch zu reagieren, aber nicht auf rechts 右 und links 左. Keine Ahnung, kam ich nicht hinterher. Dann bin ich auf Englisch gewechselt, hatte dann zwar mit right und left kein Problem mehr, bin aber anstatt up und down immer bei 上 und 下 gelandet. Schon lustig, was in meinem Kopf so vorgeht. Ist aber auch alles gar kein großes Problem, es geht einfach nur darum, die Details in schneller Abfolge wahrzunehmen und drei oder vier Zeichen in Folge richtig zu identifizieren. Derselbe Test kommt dann nochmal mit Licht, mit dem man geblendet wird.

Danach ging es zu einer weiteren Apparatur, um das periphere Sehen zu überprüfen. Easy.

Und zum Schluss noch ein normaler Sehtest mit Sehtafel zuerst mit beiden Augen und dann jeweils nur mit dem linken und dem rechten. Schlauerweise habe ich mir die Woche zuvor noch eine neue Brille machen lassen. War dann doch wieder mal nötig, gar nicht teuer und noch nie habe ich einen Sehtest so locker bestanden wie dieses Mal 😛

Hörfähigkeit wurde bei mir jetzt nicht speziell überprüft, aber vielleicht reichte das Verstehen von Anweisungen durch Maske und paar Meter Abstand schon aus. Und auch irgendwelche Turnübungen musste nicht machen. Ausdauer hatte ich mit dem Extramarsch zum Fotoautomaten ja schon bewiesen.

Das war es dann auch schon.

Dauer: keine 5 Minuten.

Kosten: 240 NT.

Man bekommt dann jede Menge Stempel in das oben abgebildete Formular gedrückt und ist good to go.

3. Kraftfahrzeugamt

Endspiel!

Eine Liste der Kraftfahrzeugämter findet man auf der Webseite des Deutschen Instituts. Diese scheint auch zu stimmen, aber wer möchte kann bei Google Maps zur Sicherheit auch nochmal nach Motor Vehicles Office suchen.

Mitnehmen sollte man:

Reisepass
ARC/APRC
Deutscher Führerschein
Englische Übersetzung Bescheinigung für den deutschen Führerschein
Antragsformular mit Gesundheitszeugnis
1 cun Foto
200 NT

Ich weiß nicht, wie es in anderen Kfz-Ämtern Taiwans so läuft, aber bei mir ist das immer supereinfach. Ich werde immer bereits am Eingang gefragt, was ich genau machen möchte und mir dann sogleich die passende Wartenummer in die Hand gedrückt. Dieses Mal ging es natürlich zum „Disabled, pregnant, and foreigners“ Schalter. Ich hab meine Frau kurz erschrocken gefragt, ob sie mir vielleicht etwas sagen möchte, aber ich glaube es ging wirklich um meine Eigenschaft als foreigner. Aber hätte ja sein können.

Ein paar Minuten also gewartet, am Schalter kurz die Absicht erläutert und Dokumente übergeben. Die englische Bescheinigung des DI schien sehr interessant gewesen zu sein, denn die hat sich die Dame am Schalter doch recht ausführlich durchgelesen. Danach ging es aber dann mit nach Routine aussehenden Eingaben am Computer los, also alles paletti. Dann kam die Frage, ob ich damit einverstanden sei, dass mein deutscher Führerschein einbehalten wird. Jetzt im Moment des Schreibens ärgere ich mich ein wenig, spontan „Ja“ gesagt zu haben, denn was wäre wohl passiert, wenn ich einfach „Nein“ gesagt hätte? Ich glaube zwar nicht, dass sie einfach von der offiziellen Regelung abweichen würden, aber versuchen könnte man es ja. Wenn du möchtest, kannst du es in deinem Fall ja mal probieren und hier Rückmeldung geben 😉

Nachgefragt habe ich allerdings, was mit dem deutschen Führerschein so passiert. Einfach mal so als Kontrolle, ob manche Angaben im Internet auch so stimmen. Und ich habe wirklich die exakt dieselbe Aussage auf Chinesisch erhalten wie hier auf Deutsch:

Beim Umtausch eines deutschen Führerscheins in einen ausländischen Führerschein müssen Sie Ihren deutschen Führerschein hinterlegen, dieser wird von den ausländischen Stellen an das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) in Flensburg übersandt. Im Ausland umgetauschte deutsche Führerscheine werden vom KBA dann an die deutsche Fahrerlaubnisbehörde (Straßenverkehrsamt) zurückgeschickt, die den Führerschein ausgestellt hat.

Das wurde für die taiwanischen Kollegen dann wirklich schön übersetzt.

Und da wir gerade so nett am Plaudern waren, mittlerweile mit einer weiteren Dame am Schalter, kam die Frage an mich, warum mein deutscher Führerschein denn gar keine Befristung hätte. Meine Antwort war natürlich, dass es für deutsche Führerscheine doch gar keine Befristung gibt. Steht auch so in der englischen Bescheinigung des DI. Darauf kam aber die Entgegnung, dass sie vor kurzem einen Antrag eines anderes Deutschen hatten, dessen Führerschein bis 2029 befristet war. Man gut, dass ich noch immer Nachrichten aus Deutschland lese, denn irgendwie meinte ich mich daran zu erinnern, etwas von einer Fristenregelung für deutsche Führerscheine gelesen zu haben.

Und tatsächlich:

Ab dem 19. Januar 2013 ausgestellte Führerscheine im Scheckkartenformat sind 15 Jahre gültig. Die Frist gilt nur für die Plastikkarte, nicht für Ihre Fahrerlaubnis. Die Karte muss alle 15 Jahre erneuert werden. Regelmäßige ärztliche Untersuchungen oder sonstige Prüfungen sind mit der Erneuerung nicht verbunden

https://www.service-bw.de/leistung/-/sbw/Fuehrerschein+befristet++Verlaengerung+beantragen-963-leistung-0

Mein Karten-Führerschein wurde 2004 ausgestellt, ganz ohne Befristung. Der Führerschein des Landsmanns* wurde hingegen 2014 ausgestellt, also bereits mit Befristung. Kein Wunder, dass das zu Verwirrungen führt.

Ich weiß nicht, ob die Kfz-Ämter in Taiwan von deutscher Seite auf diese Änderungen hingewiesen wurden, anscheinend aber wohl nicht. Kann aber auch sein, dass sie es in Taiwan nicht verstanden haben.

*Lieber Landsmann, mach dir übrigens keine Sorgen um den Datenschutz. Ich habe nur gesagt bekommen, dass da ein deutscher Führerschein mit Ausstellungsjahr 2014 im Amt existiert. Andere Daten habe ich nicht zu Gesicht bekommen.

Letzten Endes war das für meinen Fall aber gar kein Problem und ich habe dann also letzten Endes einen bis zu meinem 75. Lebensjahr (gesetzlich so vorgeschrieben) gültigen taiwanischen Führerschein ausgehändigt bekommen. Sieg!

Die Frage für alle Spätgeborenen lautet jetzt natürlich, wie das mit in Deutschland befristeten Führerscheinen in Taiwan gehandhabt wird. Dies kann ich leider nicht beantworten. Wird im obigen Fall dann nur bis 2029 befristet? Und was kommt danach? In Deutschland muss man ihn dann nach 15 Jahren ja wieder neu beantragen. Aber man lebt ja in unserem Fall gar nicht mehr in Deutschland. Also leider ist das eine große Informationslücke, die hoffentlich in der Zukunft von jemandem noch geschlossen wird.

So, jetzt aber fertig.

Ich hoffe, ich konnte dir damit einen detaillierten Ablauf für den Umtausch eines deutschen Führerscheins in einen taiwanischen Führerschein schildern. Falls du noch weitere Fragen oder Ergänzungen zu diesem Thema hast, so stehen dir dafür unten das Kommentarfeld oder auch die Facebook oder Twitter Seite von Taiwanoca zur Verfügung.

Alle drei Besorgungen wurden im Januar 2021 getätigt. Alle hier gesetzten Links wurden im Januar 2021 abgerufen. Alle Angaben ohne Gewähr. Alleiniger offizieller Ansprechpartner und Entscheidungsinstanz ist das jeweilige taiwanische Kraftfahrzeugamt! Auf Chinesisch! Nur auf Chinesisch!

Wer auf die Inhalte dieses Artikels verweisen möchte, der möge das bitte mit „Dennis hat in seinem Blog geschrieben“ oder „Im Taiwanoca Blog steht“ tun und nicht mit „Ich hab irgendwo gelesen“ oder „Da schreibt einer, dass…“.

Und jetzt, da ich den taiwanischen Führerschein habe, bleibt mir eigentlich nur noch zu sagen:

„Isch ’abe gar kein Auto, Signorina“

Aber spontan die Möglichkeit zu haben, mit dem Auto von Verwandten oder Freunden zu fahren, reicht mir auch schon aus 🙂

Fallstudie: Taoyuan Hospital Cluster

Wie wahrscheinlich jeder Journalist* hätte ich gerne die Gabe, interessante Nachrichtenthemen schon im Ansatz erkennen zu können. Das würde mir nämlich für den Einstieg in diesen Artikel eine Menge Schreibarbeit sparen, aber man ist leider fast immer erst hinterher schlauer als vorher, also müssen wir (also natürlich nur wenn du möchtest) jetzt da durch. Aber so schlimm ist es eigentlich auch gar nicht. Gibt dieses Mal sogar Bilder 😉

*Nur zur Klarstellung: Ich sehe mich nicht als Journalist, nur weil ich ab und zu nachrichtenbezogene Themen hier im Blog habe. Allerdings…und ich hoffe das fällt auf…versuche ich bei nachrichtenbezogenen Themen schon genau zu recherchieren, Quellen anzugeben und das Thema so umfassend zu behandeln, dass man sich halbwegs gut informiert eine Meinung bilden kann. Die Recherche dauert dabei meistens genau so lang wenn nicht sogar länger als das Schreiben des eigentlichen Artikels.

Im letzten Monat machte der erste Fall einer lokalen Infektion mit dem Coronavirus seit 253 Tagen in Taiwan Schlagzeilen. Zum Glück hat dieser Cluster aus insgesamt 4 Fällen keine weiteren Kreise gezogen, so dass in Taiwan dann doch noch einigermaßen normal ins neue Jahr gestartet werden konnte, zumindest in Taipeh.

Wer allerdings dachte, dass das neue Jahr eigentlich nur bessere Nachrichten als das alte bringen könne, wurde nicht nur global gesehen schon nach ein paar Tagen eines Besseren belehrt, sondern auch in Taiwan überwiegen seit ein paar Tagen leider wieder eher die Negativschlagzeilen. Es geht dieses Mal um die Fälle von lokalen Ansteckungen in einem Krankenhaus in Taoyuan, zufälligerweise mit dem englischen Namen Taoyuan Hospital, was die Zuordnung etwas vereinfacht.

Nun ist es so, dass die bisherigen Fälle im Vergleich zu den Zahlen in anderen Ländern noch nicht mal einen erkannbaren Ausschlag in irgendeiner Statistik bedeuten würden, aber genau das macht diesen Fall so interessant: In Taiwan wird nicht gewartet, bis es zu spät ist und die Kontrolle unwiederbringlich verloren ist, sondern es werden sofort Maßnahmen ergriffen. Schauen wir uns das mal an, denn man könnte womöglich auch jetzt noch daraus lernen. Und in Verbindung mit den hauseigenen Covid-19 News kann jede Meldung auch sofort nachverfolgt werden.

Zum Anfang ein Bild, das ja bekanntlich mehr sagt als tausend Worte, aber von mir trotzdem noch mit Text begleitet wird.

Grafik: CNA/Focus Taiwan, Quelle: CECC

Fertig? Ok, dann los!

Am 12. Januar ging zuerst folgende Meldung über den Feed ein:

Patients in northern Taiwan hospital evacuated, COVID suspected: media

Ein Krankenhaus im Norden Taiwans wurde teilweise evakuiert und die Notaufnahme geschlossen.

Später dann die Meldung:

Taiwan reports first local doctor to get COVID-19

Ein Arzt (838) im Taoyuan Hospital hatte sich bei einem Covid-19 Patienten (812) angesteckt, der am 27. Dezember aus den USA kommend in Taiwan eingereist war. Arzt (838) hat daraufhin seine Lebensgefährtin angesteckt, die ebenfalls als Krankenschwester (839) im selben Krankenhaus arbeitet.

Von den Angestellten und Patienten im Krankenhaus wurden diejenigen einem Coronatest unterzogen, die mutmaßlich Kontakt zu den beiden gehabt haben könnten. Insgesamt 468, sowie weitere Kontakte außerhalb der Arbeit. Insgesamt 162.

Zudem wurden am 13. Januar die Orte öffentlich gemacht, an denen sich der Arzt und seine Lebensgefährtin in der Zeit vom 7.-10. Januar aufgehalten haben. Natürlich wurden diese Orte umgehend desinfiziert und Personen, die sich zur angegebenen Zeit am angegebenen Ort aufgehalten haben, geraten, sich bei etwaigen Erkältungssymptomen umgehend zu einem Arzt zu begeben.

CECC discloses places visited by COVID-infected doctor, nurse

Am nächsten Tag (14. Januar) wurde die Zahl der zu testenden Personen im Krankenhaus erhöht.

Hundreds more hospital workers to be tested after 2 COVID cases found

Am 16. Januar dann die Meldung:

Taiwan reports one new domestic COVID-19 case from hospital

Mit einer weiteren Krankenschwester (852), die mit dem Arzt (838) auf derselben Station arbeitete, kam ein weiterer positiver Coronafall hinzu. Daraufhin wurden 22 Ärzte, die mit Krankenschwester (852) zusammengearbeitet haben in 7 Tage Isolation im Krankenhaus geschickt. Für mehr als 30 Krankenschwestern wurde Heimquarantäne angeordnet.

Am 17. Januar dann:

Another contact of COVID-19-infected doctor tests positive

Nach der am Vortag positiv getesteten Krankenschwester (852) wurden 266 Angestellte des Krankenhaus auf Corona getestet und dabei erhielt ein weiterer Arzt (856) ein positives Ergebnis. Dieser hat sich wahrscheinlich beim ersten Arzt (838) angesteckt.

Am 18. Januar:

Fifth domestic COVID-19 case confirmed in Taoyuan hospital cluster

Eine weitere Krankenschwester (863) wurde nach Auftreten von Symptomen positiv getestet und wahrscheinlich von Arzt (856) angesteckt, der auf derselben Station arbeitet.

Wird langsam kompliziert? Keine Sorge. Grafik!

Grafik: CNA/Focus Taiwan, Quelle: CECC

Ebenfalls am 18. Januar die Meldung:

CECC to set up ‚command post‘ at hospital after 5 COVID-19 cases

Im Krankenhaus wurde ein „Kommandoposten“ installiert, sprachlich schöner ist wahrscheinlich das Wort „Koordinator“, um die Abstimmung der Maßnahmen und Berichte des Krankenhauses, der lokalen Behörden, der Quarantänezentren und der CDCC zu koordinieren. Zudem wurden die jeweiligen Stationen, auf denen die infizierten Ärzte und Krankenschwestern gearbeitet haben, geschlossen und vollständig desinfiziert, sowie noch im Krankenhaus verbleibende Patienten in Einzelzimmer gebracht. Diese dürfen nur von einer Person begleitet werden, Besucher sind nicht erlaubt. Viele Patienten sind auf andere Krankenhäuser verteilt worden, u.a. auch alle Covid-19 Patienten, um das Krankenhauspersonal zu entlasten. Neue Patienten werden gegenwärtig nicht aufgenommen. Alle Angestellten des Krankenhauses sind aufgefordert, sich auch schon bei kleinsten Anzeichen von Symptomen zu melden und sich nur im Krankenhaus untersuchen zu lassen.

Am 19. Januar für taiwanische Verhältnisse dann ein ziemlicher Hammer:

Four more COVID-19 cases linked to Taoyuan hospital confirmed

Wir sind damit jetzt an der bereits zu Anfang gezeigten Grafik gekommen, hier nochmal:

Grafik: CNA/Focus Taiwan, Quelle: CECC

Krankenschwester (863) hat ihren Ehemann (864) und Tochter (865) zu Hause angesteckt, zudem eine weitere Krankenschwester (868) auf derselben Station im Krankenhaus.

Der weitere Fall ist eine vietnamesische Pflegekraft (869), die zu beiden infizierten Ärzten (838+856) Kontakt hatte.

Natürlich wurden auch hier, wie bei allen anderen Fällen zuvor auch, die besuchten Orte der infizierten Personen öffentlich gemacht.

COVID-19 cases went to traditional market, burger shop: CECC

Als Folge der mittlerweile 9 lokalen Infektionsfälle im oder im Umfeld des Taoyuan Hospitals wurden die Besuchsregelungen und Zeiten in einigen Krankenhäusern Nordtaiwans eingeschränkt.

Hospitals in northern Taiwan tighten visit controls amid COVID-19

Zudem wurden viele geplante Veranstaltungen an und um das diesjährige Neujahrsfest, vor allem das Laternenfest (26. Feb.) in allen Städten Taiwans abgesagt.

Lantern festival canceled due to COVID-19; Taipei book fair still on

Die Buchmesse in Taipeh (26. – 31. Januar) sollte noch wie geplant stattfinden, aber ein Tag später dann:

Taipei book fair to be held virtually due to COVID-19 concerns

Bei einer erwarteten Besucherzahl von mehr als einer halben Million auch mehr als logisch.

Ebenfalls am 20. Januar:

Taiwan hospital cluster infection leads to new COVID-19 case

Als Fall Nummer 10 des lokalen Clusters hat sich die Großmutter (870) von Krankenschwester (839) infiziert, die gemeinsam in einem Haus leben. Diese wurde am 12. Januar im Zuge der Kontaktverfolgung zwar noch negativ getestet, wurde am 18. Januar allerdings nach Auftreten von Fieber positiv getestet.

Daraufhin wurden nun alle Krankenhäuser in Taiwan gebeten, ihre Besuchsregelungen und Zeiten einzuschränken. Als Besucher muss man nun auch Kontaktdaten hinterlassen. Im Allgemeinen wird allerdings generell davon abgeraten, Krankenhäuser zu besuchen.

Hospitals asked to tighten visit controls as COVID-19 cases rise

Außerdem wurden weitere Großveranstaltungen abgesagt. Für die Wagemutigen wahrscheinlich besonders schmerzvoll: Auch das Yanshui Beehive Festival am 25. und 26. Februar.

Several large events in Tainan to be canceled due to COVID-19

Und Taipei 101 wurde auch teilweise infiziert.

Taipei 101 firm disinfected amid COVID-19 scare

Der Grund: Ein Mitarbeiter einer in Taipei 101 ansässigen Firma ist ein Kontakt von Ehemann (864), der sich am 17. Januar kurz mit ihm getroffen hatte. Am 18. Januar wurde der Mitarbeiter an seiner Arbeitsstelle über den Kontakt zu einem Coronainfizierten informiert. Er begab sich sofort in Heimquarantäne und wurde bislang negativ getestet. Zehn weitere Mitarbeiter wurden ebenfalls gebeten, ins Home Office zu gehen und Self Health Management zu betreiben, also zwei Mal am Tag Temperatur messen, draußen stets Maske tragen und sich von Menschenmassen fernhalten. Das Büro der Firma und das gesamte Stockwerk wurden desinfiziert und weitere Stockwerke sollen folgen.

So, das ist jetzt erstmal der aktuelle Stand am 20. Januar mit 10 lokalen Fällen innerhalb von 9 Tagen.

Ganz schön viele Informationen, oder? Das ist aber einfach der Normalfall in Taiwan. Eine bis in kleinste Details nachverfolgte Kontaktkette und sofortige Maßnahmen in Bezug auf Quarantäne, Desinfektionen, Mitteilung von möglichen Kontaktorten, Absage von Großveranstaltungen, regelmäßige Pressekonferenzen, auf denen jeder Fall einzeln und detailliert angesprochen wird. Man könnte auch sagen: Eine Zero Covid Strategie.

Wobei selbst die Zero Covid Initiative nicht den Wert von 0 Neuinfektionen (den Taiwan 253 Tage lang erreichte) als Ziel ausgibt, sondern 10 Neuinfektionen am Tag pro 1 Million Einwohner. Für Taiwan würden das 236 Neuinfektionen pro Tag als „anzustrebendes“ Ziel bedeuten, das von vielen Kritikern der Initiave als „utopisch“, „weltfremd“ und „nicht erreichbar“ bezeichnet wird. Stimmt….denn die astronomisch hohe Zahl von 236 Neuinfektionen pro Tag sind für Taiwan wirklich unvorstellbar. Nur halt aus einer ganz anderen Richtung betrachtet.

Aber…auch wenn der Vergleich der Coronabilanzen von Taiwan und Deutschland schon längst nicht mehr mit einem 7:1 sondern eher mit einem 31:0 beim Fußball vergleichbar ist, so wird hier in Taiwan auch immer betont, dass Hochmut absolut nicht angebracht ist. 10 lokale Fälle sind einfach zu viel. Dazu das ungute Gefühl, dass es vielleicht noch zu weiteren kommt und das ausgerechnet jetzt, wo die Schulferien gerade beginnen. Ich hätte mit den Kindern da eigentlich schon ein paar Ausflüge vor, aber erstmal abwarten, was die nächsten Tage und Wochen noch passiert.

Genau heute (21. Januar) vor einem Jahr wurde übrigens der erste Coronafall in Taiwan bestätigt. Die aktuelle Fallzahl nach genau einem Jahr: 872 Infizierte und 7 Todesfälle.

Bei tagesschau.de wird derweil gemeldet, dass die Fallzahlen in Deutschland an einem Tag auf nur noch knapp über 20.000 gesunken sind. Und Die Zeit titelt, dass die Anzahl der Todesfälle die Marke von 50.000 überschritten hat. 50.000 Todesopfer, hinter denen Menschen und trauernde Familie stehen.

Benutzer Wolle0815 meint an der Pissrinne dazu:

„50000 .Dahinter stehen Menschen und trauernde Familien.“

Hinter den Toten aus anderen Ursachen auch. Nur interessieren die gewöhnlich niemanden außer die nahestehenden Personen.

Diese Anteilnahme gibt es doch nur, weil es es ein Virus ist, das man selbst bekommen könnte oder nahestehende Personen. Wäre es nicht s,o würde sich kein Schwein in der Öffentlichkeit für die 50000 interessieren.

Von daher resultiert die vermeintliche Solidaritiät in erster Linie aus Egoismus. Menschlich nachvollziehbar, ja. Aber bitte, man möge sich doch diese Moralisierungen sparen.

Und bekommt dafür zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels 20 Empfehlungen und viele zustimmende Kommentare, die sich inhaltlich noch gegeneinander unterbieten.

Das Versagen Deutschlands in der Corona Pandemie scheint daher wohl nicht nur an einem Mangel an Erfahrung, Kompetenz und pragmatischer Weitsicht zu bestehen, sondern auch an einem Mangel an Anstand, Respekt und Empathie.

Taiwan ist in diesen Dingen gesellschaftlich auch nicht gerade der Musterschüler, man denke nur an die mangelnde Rücksicht im Straßenverkehr. Aber in Sachen Corona habe ich in Taiwan in einem Jahr noch nicht mal im Ansatz dieses Maß an asozialem Egoismus erlebt, wie ich es jeden Tag aus Deutschland lesen kann.

Ich würde sagen, damit steht es dann 32:0 für Taiwan. Und das Spiel ist leider noch längst nicht zu Ende.

(Ab hier kommen jetzt jeweils Updates zu den Ereignissen)

Denn am 22. Januar wurden zwei weitere Fälle des Clusters bekannt.

Two new COVID-19 cases confirmed in Taoyuan hospital cluster

Ein 90-jähriger Patient (881) des Krankenhauses wurde zwar am 11. Januar negativ getestet und am 15. Januar in die Quarantäne nach Hause entlassen, er bekam aber ein paar Tage später heftige Zahnschmerzen. In diesen Fällen ist in Taiwan unter strengen Auflagen auch während der Quarantäne ein Arztbesuch erlaubt und bei der simplen Methode des Fiebermessens kam dann der Verdacht auf eine mögliche Infektion auf, der sich später bestätigte. Zudem wurde seine Tochter (882) ebenfalls positiv getestet. Zwei weitere Familienmitglieder, die den 90-jährigen betreut haben, wurde in häusliche Quarantäne geschickt.

Damit sieht die Grafik jetzt so aus:

Grafik: CNA/Focus Taiwan, Quelle: CECC

Unterdessen wurden fast alle Patienten des Krankenhauses entweder nach Hause entlassen oder auf andere Krankenhäuser verteilt. Dabei wird zwischen zwei Kategorien unterschieden: Patienten aus einem Bereich des Krankenhauses mit einem hohen Risiko (einer möglichen Infektion) und Patienten aus einem Bereich des Krankenhauses mit einem niedrigen Risiko. Die Patienten mit hohem Risiko (191 Patienten + mehr als 100 Pflegekräfte oder Angehörige) müssen 14 Tage in Quarantäne. Die mit niedrigem Risiko bekommen ein „Self Health Management“ Vermerk in ihre elektronische Krankenakte, damit bei einem etwaigen Arztbesuch sofort nach möglichen Kontakten gefragt werden kann.

High-risk patients from COVID-hit hospital under quarantine: CECC

Zudem sind mittlerweile 319 Angestellte des Krankenhauses in 14-tägiger Quarantäne, 212 von ihnen in einem Quarantänezentrum. Alle anderen Angestellten des Krankenhauses dürfen zudem keine Konferenzen besuchen oder Reden halten und auch sonst keine medizinischen Dienstleistungen außerhalb des Krankenhaus anbieten.

Und da das Krankenhaus nun praktisch leer ist, konnte man mit einer umfassenden Desinfektion in und um das Krankenhaus beginnen, u.a. mit Mitgliedern der chemischen Kampfgruppe des Militärs.

Am 23. Januar wurde bekannt gegeben, dass die jüngere Tochter (885) des 90-jährigen Patienten (881) ebenfalls positiv getestet wurde. Die Gesamtzahl erhöht sich damit auf 13.

13th domestic COVID-19 case confirmed in Taoyuan hospital cluster

Mittlerweile stehen 967 Personen im Zusammenhang dieses lokalen Clusters unter 14-tägiger Quarantäne. Für Taiwan stellt das momentan einen Rekordwert dar, wobei sich die Zahl im Verlauf der weiteren Kontaktverfolgung noch erhöhen könnte.

Am 24. Januar wurde zwei weitere Fälle bekannt gegeben. Einer davon ist ein Patient (889), der sich vom 8. bis zum 11. Januar im Krankenhaus befunden hat.

Two more domestic COVID-19 cases confirmed in Taoyuan hospital cluster

Fünf Tage nach seiner Entlassung bekam er einen Ausschlag, wurde allerdings nach mehreren Arztbesuchen erst am 23. Januar positiv auf Corona getestet. Der zweite Fall ist eine Familienangehörige (890) des Patienten (889).

Wird mal wieder Zeit für eine Grafik:

Grafik: CNA/Focus Taiwan, Quelle: CECC

Anlass zur Sorge bei diesen beiden Fällen ist die Tatsache, dass sie sich im Krankenhaus nicht im Bereich mit „hohem Risiko“ (siehe weiter oben) aufgehalten haben und bislang auch noch kein Kontakt zu den bereits infizierten Personen bekannt ist.

Aus diesem Grund werden jetzt die Quarantänebestimmungen drastisch verschärft.

Discharged inpatients from Taoyuan General Hospital to be quarantined

Alle Patienten, die zwischen dem 6. Januar und 19. Januar aus dem Taoyuan Hospital entlassen wurden, müssen sich ab dem Tag ihrer Entlassung in 14-tägige Quarantäne begeben. Zusätzlich auch deren Familienangehörige und Pfleger. Nach 14 Tagen Quarantäne ist ein Coronatest erforderlich und danach noch 7 weitere Tage Self-Health Management. Damit sind dann auch diejenigen abgedeckt, die schon vor mehr als 14 Tagen aus dem Krankenhaus entlassen wurden.

Dasselbe gilt auch für alle, die mit Patient (889) in Kontakt gekommen sind, während er verschiedene Ärzte aufgesucht hat. Insgesamt werden schätzungsweise 5.000 Personen in Quarantäne geschickt.

In den darauf folgenden Tagen beruhigte sich die Lage etwas und es wurden keine neuen Fälle im Zusammenhang mit dem Krankenhaus Cluster gemeldet. Gleichwohl lief die Suche nach der möglichen Infektionsquelle der beiden letzten Fälle und auch die Kontaktverfolgung von Personen weiter, die im Zusammenhang mit dem Krankenhaus stehen.

Quarantine, testing continue in bid to control Taoyuan COVID cluster

Zudem wurden Besuche von Patienten in den Krankenhäusern von Taipei, New Taipei und Taoyuan drastisch eingeschränkt.

Hospital visits banned in Taipei, New Taipei, Taoyuan


Am 30. Januar dann leider ein großer Rückschlag und eine traurige Nachricht.

Es wurden 4 weitere Fälle von Infektionen im Zusammenhang mit dem Krankenhaus gemeldet, darunter 1 Todesfall.

Taiwan cluster infection leads to four new cases; one of which died

Hier die aktuelle Grafik:

Grafik: CNA/Focus Taiwan, Quelle: CECC

Drei der vier gemeldeten Fälle leben im selben Haushalt wie Krankenschwester (863) und zwar eine weitere Tochter (909), Schwiegervater (910) und Schwiegermutter (907), die aufgrund von schweren Vorerkrankungen an Covid-19 verstorben ist. Dies ist der erste durch Covid-19 verursachte Todesfall in Taiwan seit dem 11. Mai 2020.

Der vierte Fall betrifft einen Mann (908) der in einem anderen Krankenhaus (Name vom CECC nicht genannt) Kontakt zu Patient (889) hatte, als dieser sich dort behandeln ließ, siehe oben. Der Kontakt soll sich auf etwa 20 Minuten im Wartezimmer beschränkt haben. Der Mann (908) war bereits seit dem 26. Januar in Quarantäne, da er als Kontaktperson von Patient (889) identifiziert wurde. 242 Kontaktpersonen von Mann (908) wurden ermittelt und in Quarantäne geschickt, sowie das betreffende nicht genannte Krankenhaus gründlich desinfiziert.

Taiwan cluster infection leads to four new cases, one death (update)

Damit sind zum jetzigen Stand 4093 Personen im Zusammenhang mit dem Krankenhaus Cluster in Quarantäne.

Am 5. Februar wurde bekannt gegeben, dass eine 40-jährige Frau (924) positiv auf das Coronavirus getestet wurde. Sie ist eine Kontaktperson von Krankenschwester (839) (positiv getestet um den 12. Januar) und ihrer Großmutter (870) (positiv getestet am 18. Januar). Sie und zwei ihrer Familienmitglieder haben als Kontaktpersonen der beiden bereits bekannten Fällen seit dem 12. Januar unter Quarantäne gestanden. Die Quarantäne für die zwei Familienmitglieder wurde jetzt bis zum 18. Februar verlängert. Eine Auswirkung auf die Bevölkerung ist aufgrund der bestehenden Quarantäne nicht zu erwarten. Die Fallzahl im Taoyuan Hospital Cluster erhöht sich damit auf 20.

Taiwan reports 1 new domestic, 3 imported COVID-19 cases

Grafik: CNA/Focus Taiwan, Quelle: CECC

Am 9. Februar wurde der 21. Infektionsfall festgestellt.

Taiwan reports 21st case in hospital cluster, four new imported cases

Dieser hat sich im familiären Umfeld von Krankenschwester (863, positiv getestet am 18. Januar) ereignet und betrifft dieses Mal die Schwägerin (934). Aufgrund der bereits entdeckten Infizierungen mit dem Coronovirus stand sie bereits seit dem 19. Januar unter Quarantäne, welche durch die weiteren Fälle innerhalb der Familie entsprechend verlängert wurde. Innerhalb dieses Zeitraums wurde sie fünfmal negativ getestet. Bei den Tests für eine Sondergenehmigung zur Aufhebung der Quarantäne, um traurig aber wahr, die Beerdigung für ihre an COVID-19 verstorbene Mutter (907) vorbereiten zu können, war der Test dann positiv.

Grafik: CNA/Focus Taiwan, Quelle: CECC

Die Quarantäne für die übrigen Familienmitglieder wurde bis zum 22. Februar verlängert. Eine Auswirkung auf die Bevölkerung ist aufgrund der bestehenden Quarantäne nicht zu erwarten.

Aus diesem Grund werden mit Wirkung zum 10. Februar auch die drastischen Besuchsbeschränkungen in den Krankenhäusern von Taipei, New Taipei und Taoyuan wieder zurückgenommen, wobei die zuvor geltenden Beschränkungen natürlich weiterhin Bestand haben.

Hospital visit bans in Taipei, New Taipei, Taoyuan to be lifted

Am 15. Februar gab das CECC bekannt, dass das Taoyuan General Hospital am 19. Februar wieder geöffnet werden soll, falls bis dahin nichts Unvorhergesehenes passiert. Zwei direkt in der Nähe des Krankenhauses eingerichtete vorübergehende Quarantänezentren wurden bereits geschlossen. Insgesamt wurden 3.423 Personen im Zusammenhang mit dem Krankenhaus Cluster auf das Coronavirus getestet. Das Infektionsgeschehen ist laut Gesundheitsminister Chen mittlerweile „zum Erliegen“ gekommen.

Taoyuan hospital at center of COVID-19 cluster likely to reopen on Feb. 19

Schweinkram

In Taiwan gelten seit dem 1. Januar 2021 neue Importbestimmungen für Fleischerzeugnisse aus den USA, die mit Ractopamin behandelt wurden. Wir haben dazu heute unseren Experten Prof. Dr. Ha Ri Bo zu Gast, um seine Einschätzung zu diesem Schritt zu geben.

Taiwanoca: Sehr geehrter Prof. Dr. Ha Ri Bo, um was handelt es sich bei Ractopamin genau?

Prof. Dr. Ha Ri Bo: Ractopamin ist ein Tierfuttermittelzusatzstoff, der besonders zur Mästung von Schweinen, aber auch bei Rindern, eingesetzt wird. Es ist dafür bekannt, die Gewichtszunahme zu erhöhen, die Futterverwertung zu verbessern und die Magerkeit des Schlachtkörpers bei Mastschweinen zu steigern. Der Einsatz von Ractopamin bei der Endmast von Schweinen führt zu etwa 3 kg zusätzlichem magerem Schweinefleisch und verbessert die Futtereffizienz um 10%.

Taiwanoca: Warum ist der Einsatz von Ractopamin in der politischen Debatte so umstritten?

Prof. Dr. Ha Ri Bo: Bei Schweinen wird Ractopamin mit unerwünschten Wirkungen in Verbindung gebracht, insbesondere mit Hyperaktivität, Zittern und gebrochenen Gliedmaßen. Auch bei Rindern wurden schädliche Auswirkungen wie steife, wunde und lahme Gliedmaßen und erhöhter Hitzestress beobachtet. Zudem könnte das Fleisch von mit Ractopamin behandelten Tieren zäher sein.

Die Verwendung von Ractopamin ist ein Faktor bei der Entwicklung von so genannten „Downer Pigs“, das sind Tiere, die sich nicht bewegen oder stehen können. In den USA wurden in den letzten 20 Jahren ca. 250.000 Fälle dieses Syndroms gemeldet.

Taiwanoca: Gibt es denn auch Erkenntnisse über schädliche Auswirkungen auf den Menschen?

Prof. Dr. Ha Ri Bo: Die Metabolisierung von Ractopamin im menschlichen Körper funktioniert ähnlich wie bei Schweinen und Rindern. Neben der pharmakologischen Wirkung kann Ractopamin einen Vergiftungseffekt hervorrufen. Daher kann der Verzehr von Fleisch und/oder Nebenprodukten von Tieren, die Ractopamin mit dem Futter zur Wachstumsförderung aufgenommen haben, beim Menschen zu klinischen Effekten wie Herzrasen und anderen Erhöhungen der Herzfrequenz, Zittern, Kopfschmerzen, Muskelkrämpfen oder hohem Blutdruck führen. Die Wirkung von Ractopamin auf den Menschen ist nicht vollständig geklärt, aber der Verzehr von Produkten, die Rückstände von Ractopamin enthalten, ist für Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht ratsam.

Taiwanoca: Auf welcher Grundlage ist der Handel von mit Ractopamin behandelten Fleisch international geregelt?

Prof. Dr. Ha Ri Bo: Die taiwanische Regierung beruft sich in ihren Stellungnahmen auf den von der Codex Alimentarius Commission (CAC) im Juli 2012 festgelegten Grenzwert von 10 Teilen pro Milliarde (parts per billion, ppb) als maximalen Rückstandsgehalt (maximum residue level, MRL) für Muskelfleisch von Rind- und Schweinefleisch. Nicht erwähnt wird allerdings, dass dieser Grenzwert mit einer hauchdünnen Mehrheit von gerade mal 69 zu 67 Stimmen angenommen wurde, was ein sehr ungewöhnliches Ergebnis in der CAC ist, in der es normalerweise sehr viel deutlichere Stimmenverhältnisse gibt.

Dieser von den Regierungen Taiwans und den USA als „sicher“ bezeichnete Standard wird aufgrund der weiterhin unklaren Studienlage von mehr als 160 Ländern nicht anerkannt, darunter allen Ländern der EU, sowie China und Russland. Es bestehen auch weiterhin keine eindeutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse, die eine Festlegung eines bestimmten Grenzwerts – oder ein komplettes Verbot von Ractopamin – rechtfertigen würden.

Taiwanoca: Warum hat sich die Regierung Taiwans dennoch für diesen Schritt entschieden?

Prof. Dr. Ha Ri Bo: In Taiwan gibt es innenpolitisch schon seit mehr als einem Jahrzehnt große Uneinigkeit über den Umgang mit Ractopamin. Im Jahr 2006 wurde Ractopamin sowie weitere Stoffe der Gruppe der Beta-Adrenozeptoren in Taiwan verboten.

Der damalige Gesetzestext im Wortlaut:

„Die Herstellung, Zubereitung, Einfuhr, Ausfuhr, der Verkauf oder die Ausstellung von Beta-Adrenozeptoren, einschließlich Salbutamol, Terbutalin, Clenbuterol, Ractopamin …, usw., sind für zur Lebensmittelerzeugung genutzte Tiere verboten.“

11. Oktober 2006

Nach der oben erwähnten Entscheidung der CAC im Jahr 2012 wurden Regierungsbehörden durch einen von der KMT eingebrachten Änderungsantrag im Legislativ Yuan ermächtigt, Sicherheitsstandards für Ractopamin als Futtermittelzusatz für Rinder festzulegen, die Verwendung bei Schweinen aber verboten. Für die Einfuhr von Rindfleisch aus den USA wurde daraufhin der Grenzwert von 10 Teilen pro Milliarde von der CAC übernommen.

Sämtliche Abgeordneten der DPP stimmten damals übrigens gegen diese Entscheidung.

Am 28. August 2020 wiederum kündigte Präsidentin Tsai Ying-Yen (DPP) den Import von mit Ractopamin behandeltem Schweinefleisch aus den USA an, ebenfalls mit Verweis auf den „sicheren“ CAC Grenzwert.

Warum die damalige Oppositionspartei, inklusive der heutigen Präsidentin, im Jahr 2012 gegen einen Import von mit Ractopamin behandeltem Fleisch war, und es im Jahr 2020 nicht mehr ist, wurde bislang nicht genauer erklärt.

Auffällig ist aber – sowohl bei den Erklärungen der KMT 2012, als auch bei den Erklärungen der DPP 2020 – dass stets auf die Möglichkeit kommender Gespräche mit den USA über ein Freihandelsabkommen hingewiesen wird. Das American Institute in Taiwan führt schon seit vielen Jahren mit der jeweiligen Regierung Gespräche über ein Trade and Investment Framework Agreement (TIFA). Diese fanden allerdings seit 2016 nicht mehr statt, u.a. wegen der von den USA monierten Importsperren von Schweinefleisch mit Ractopamin Rückständen.

Meiner Einschätzung nach liegt darin der Hauptgrund. Interessant ist auch der Aspekt, dass die Nutzung von Ractopamin für inländische Schweinefarmen in Taiwan weiterhin verboten ist.

Und auch in den USA gibt es mittlerweile verschiedene Fleisch exportierende Unternehmen, die auf Ractopamin verzichten. Dies allerdings nicht wegen gesundheitlicher Bedenken, sondern um einen besseren Marktzugang zu den Ländern zu erhalten, in denen Ractopamin im Schweinefleisch verboten ist. Man kann also anmerken, dass die bestehenden Importverbote durchaus eine Wirkung erzielen. Taiwan geht allerdings in die komplett entgegengesetzte Richtung.

Taiwanoca: Sie meinen also, dass die Regierung Taiwans in diesem Punkt Zugeständnisse an die USA macht, um eventuell von einem zukünftigen Freihandelsabkommen zu profitieren?

Prof. Dr. Ha Ri Bo: Es sieht ganz danach aus. Denn ich wiederhole es gerne noch mal: Aus wissenschaftlicher Sicht hat sich an der uneinheitlichen Studienlage zu Ractopamin nichts geändert. Hält man zudem die strengen – und absolut richtigen – Regelungen der Regierung im Hinblick auf die Corona Pandemie als Maßstab dagegen, muss man sich schon fragen, warum im einen Fall mit größter Vorsicht und Wachsamkeit agiert wird und im anderen Fall ein umstrittener, und in früheren Zeiten abgelehnter Grenzwert die Grundlage für diese weitreichende Entscheidung sein soll.

Taiwanoca: Was bedeutet das jetzt für die Verbraucher in Taiwan?

Prof. Dr. Ha Ri Bo: Die Regierung hat seit der Bekanntgabe der Importerlaubnis zahlreiche Maßnahmen angekündigt, um die Verbraucher in Taiwan zu „schützen“. Am wichtigsten ist hierbei sicherlich die Möglichkeit, die Herkunft von Schweinefleisch in Supermärkten und Restaurants zu kennzeichnen. Eine falsche Kennzeichnung soll mit Geldbußen von 40.000 NT bis 4 Mio. NT geahndet werden. Sollte ein höherer als der gesetzlich festgelegte Wert an Ractopamin in Schweinefleisch festgestellt werden, liegen die Geldbußen bei 60.000 NT bis 200 Mio. NT.

Taiwanoca: Ist diese Kennzeichnung verpflichtend? Kann man an der Kennzeichnung feststellen, ob das Fleisch Ractopamin enthält?

Prof. Dr. Ha Ri Bo: Eine Kennzeichnungspflicht ist laut Regierung nicht so einfach umzusetzen, da dies möglicherweise als Handelshemmnis interpretiert und im Rahmen von Regelungen der Welthandelsorganisation (WTO) sanktioniert werden könnte.

Taiwanoca: Werden Sie also zukünftig auf Schweinefleisch verzichten?

Prof. Dr. Ha Ri Bo: Mich persönlich tangiert dieses Problem nicht, da ich mich ausschließlich von Müsliriegeln ernähre (siehe unten). Die Verbraucher indes müssen selbst die Entscheidung treffen ob sie zum einen Ractopamin enthaltendes Fleisch kaufen möchten und zum anderen darauf vertrauen, dass gekennzeichnete Produkte auch wirklich von dort kommen, was die jeweilige Kennzeichnung besagt.

Taiwanoca: Wie meinen Sie das?

Prof. Dr. Ha Ri Bo: In den letzten Jahren wurden in Taiwan gleich mehrere Lebensmittelskandale aufgedeckt. Diese reichten von Weichmachern in verschiedenen Lebensmitteln über Verfälschung und falsche Kennzeichnung von Speiseöl bis hin zur Nutzung des stark krebserregenden Buttergelb zur Färbung von Tofu-Produkten.

Es ist daher absolut nachvollziehbar, dass die Verbraucher in Taiwan ein gesundes Misstrauen an den Tag legen, wenn es um selbst erstellte Kennzeichnungen von Lebensmitteln geht. Den entsprechenden Aufkleber bekommen Sie z.B. für 60 NT auf Shopee oder sogar kostenlos auf der Webseite des Wirtschaftsministeriums zum Selberdrucken.

Taiwanoca: Gibt es denn keine Kontrollen?

Prof. Dr. Ha Ri Bo: Die Regierung hat verstärkte Kontrollen der Kennzeichnung und die oben genannten Bußgelder bei Verstößen angekündigt. Nur, die Kapazitäten für Lebensmittelkontrollen sind begrenzt und inwiefern eine umfassende Kontrolle aller Schweinefleisch enthaltenden Produkte bewerkstelligt werden soll, ist völlig unklar. Wir sprechen hier nicht nur vom großen Kotelett, sondern auch von Instant Nudeln, traditionellen Keksen und weiteren Produkten, die Schweinefleisch enthalten können. Nicht zu vergessen die hunderttausenden Kleinimbisse auf der Straße, die nur sehr schwer zu erfassen sind.

Taiwanoca: Was meinen Sie zu lokalen Märkten, auf denen die heimischen Erzeuger ihre Waren anbieten?

Prof. Dr. Ha Ri Bo: Diese halte ich noch für die sicherste Variante, um garantiert Ractopamin freies Fleisch zu kaufen. Allerdings muss man auch hier abwarten und sehen, wohin sich die Preise entwickeln. Durch die wahrscheinlich höhere Nachfrage nach lokal produziertem Schweinefleisch könnten sich auch die Preise erhöhen. Insgesamt schafft die neue Situation also mehr Probleme als vorher.

Taiwanoca: Gibt es denn gar keine Gegeninitiativen mehr?

Prof. Dr. Ha Ri Bo: Bislang hatten die Lokalregierungen der Städte und Landkreise ein Mitspracherecht, wenn es um lebensmittelrechtliche Fragen ging. In Sachen Ractopamin wurde dieses Mitspracherecht von der Zentralregierung mit Wirkung zum 1. Januar entzogen.

Die KMT hat einen Antrag zu einer möglichen Volksabstimmung eingereicht, welcher die erste Hürde – die Annahme durch die Zentrale Wahlkommission – übersprungen hat. Der nächstmögliche Termin für eine Volksabstimmung wäre der 28. August 2021. Durch die Entkopplung von Volksabstimmungen von nationalen Wahlen durch die DPP ist allerdings nicht klar, ob bei einer zukünftigen Volksabstimmung die notwendige Mindestbeteiligung von 25% aller registrierten Wählerstimmen erreicht werden kann. Bei gleichzeitig zu nationalen Wahlen abgehaltenen Volksabstimmungen war das früher kein Problem.

Insgesamt wird die innenpolitische Diskussion aber leider – wie schon so oft in Taiwan beobachtet – sehr emotional und nur peripher auf Fakten basierend geführt. Das Werfen mit Schweineinnereien bei einer Parlamentssitzung im November 2020 von Seiten der KMT stellte dabei den bislang unrühmlichen Höhepunkt dar.

Und aufgrund der ebenfalls starken Polarisierung der Wähler ist eine neutrale – nicht auf die Präferenz einer bestimmten Partei ausgelegten – Diskussion in der Bevölkerung nur schwer bis teilweise gar nicht möglich. Dies ist ein leider ein generelles Problem.

Für den Moment wird man in Taiwan also mit dieser Entscheidung leben müssen und nur abwarten können, ob und wie sich die neue Situation auf Nachfrage, Preis und Umsatz von Schweine- und Rindfleisch auswirken wird.

Taiwanoca: Wir danken Ihnen für das Gespräch!

Zur Person:

Prof. Dr. Ha Ri Bo (蝦日波) ist staatlich anerkannter Residentologe in Taiwan. Nach seinem Abschluss am Taiwan Institut für Kommunikationsinformationen (TIKI) begann er seine akademische Karriere an der benachbarten Taiwan Akademie für Kommunikationsanalysen (TAKA) und wurde schon bald für seine kurzen und zielgenauen Analysestafetten bekannt. Auch auf dem chinesischen Festland genießt er als ehemaliger Leiter des Konfuzius Institut für Physiologie und Psychologie in Miulun, China (Abkz.: KIPPMICH) hohes Ansehen. Seine exzellenten Deutschkenntnisse erwarb Prof. Dr. Ha Ri Bo übrigens während eines längeren Studienaufenthalts in Bonn. Er ist allein stehend und ernährt sich weitestgehend von Müsliriegeln, eine Angewohnheit, die er von seinem ehemaligen Lehrer, einem Nahrungsmitteltechniker aus Bonn, übernommen hat.

Gute Regeln, Schlechte Regeln

Das alte Jahr neigt sich dem Ende entgegen, aber das neue Jahr steht schon bereit, um pünktlich am 1. Januar zu übernehmen. Wieder mal Glück gehabt! Und damit es im Vergleich zum alten Jahr ein wenig Abwechslung gibt, wird es für den ein oder anderen ein paar neue Regeln geben. Schauen wir uns das mal an:

  • Das Innenministerium wird das Nummerierungsformat der Alien Resident Certificates (ARC) und der Alien Permanent Resident Certificates (APRC) ändern, um sie mit dem taiwanischen Personalausweis in Einklang zu bringen, so dass sie in größerem Umfang verwendet werden können.

Ja, schön und gut, aber macht erstmal. So schlimm wie manche (AmCham) tun, ist es jetzt auch wieder nicht. Ich habe jetzt 16 Jahre dieselbe (Ausländer-) Nummer, komme wunderbar zurecht und wüsste auf Anhieb gar nicht, wo ich die überall ändern müsste. Für mich bedeutet das im Moment: Never change a running system (until you have to!).

  • Das Finanzministerium wird den Grundfreibetrag pro Person, den Steuerzahler bei der Einkommenssteuererklärung von ihrem Einkommen abziehen können, von 175.000 NT$ auf 182.000 NT$ erhöhen.

Yeah! Dann kann ich mir dann nächstes Jahr doch den Audi vom Weihnachtsmarkt kaufen. Wenn ich denn hingehen würde.

  • Der monatliche Mindestlohn für Arbeiter, die unter das Arbeitsschutzgesetz fallen, wird von NT$23.800 auf NT$24.000 und der stündliche Mindestlohn von NT$158 auf NT$160 angehoben. Es wird erwartet, dass etwa 2,08 Millionen Arbeiter von der Erhöhung des monatlichen Mindestlohns profitieren werden.

Fun Fact: Ausländische Pflegekräfte, die das Land pflegetechnisch am Laufen halten, fallen nicht unter das Arbeitsschutzgesetz, bekommen weniger als den Mindestlohn und gehören damit nicht zu den 2,08 Millionen Profiteuren. Sind allerdings auch keine Wähler.

  • Taiwan wird mit dem Import von amerikanischem Rindfleisch von über 30 Monate alten Rindern und Schweinefleisch mit akzeptablen Werten des Tierarzneimittels Ractopamin beginnen.

Den Scheiß können sie behalten! Man muss das mal einfach klipp und klar sagen: Die taiwanische Regierung lässt sich hier von den USA widerstandslos erpressen. Ich hoffe, dass sich das als großes Eigentor für die Regierung erweisen wird und die Verantwortlichen dafür ihren Hut nehmen müssen. Denn zum Wohle des Volkes ist diese Entscheidung mit Sicherheit nicht. Schlimm ist auch, dass der Opposition damit Gelegenheit zu völlig unnötiger, weil peinlicher, Profilierung gegeben wird.

  • Das Kontingent an Gesichtsmasken, die im Rahmen der staatlichen Krankenversicherung verkauft werden, wird von neun auf zehn pro Person und zwei Wochen erhöht, und der Preis wird von NT$5 auf NT$4 pro Stück gesenkt.

Taiwan ist ja auch eine Insel!

  • Die staatlichen Zuschüsse für das Mittagessen an öffentlichen Schulen werden von 3,5 NT$ auf 6 NT$ pro Mahlzeit erhöht, und die Schulen werden verpflichtet, nur noch Zutaten zu verwenden, die als in Taiwan hergestellt zertifiziert sind.

Warum? Sind Zutaten aus anderen Ländern etwa nicht sicher?

  • Ein neuer Rentenfonds für Landwirte wird gegründet, in den die Regierung die Beiträge der Landwirte über einen Zeitraum von maximal 40 Jahren einzahlt, so dass pensionierte Landwirte eine monatliche Rente von bis zu 45.000 NT$ erhalten können.

„Bis zu…“

  • Verleger, die Bücher importieren oder exportieren, sind berechtigt, eine Gewerbesteuerbefreiung zu beantragen.

Finde ich gut.

  • Fahrzeughalter werden mit Bußgeldern belegt, wenn ihre Fahrzeuge gegen Taiwans neue Lärmbelastungsstandards verstoßen. Die Lärmbelastung durch Fahrzeuge wird mit Hilfe von fest installierten und mobilen Hightech „Lärmkameras“ landesweit überwacht.

Das ist schön. In Zukunft werden Fußgänger dann nur noch von leisen Fahrzeugen genötigt, angefahren und überfahren. Es geht voran!

Das sind sie also. Ein paar neue Regelungen für das kommende Jahr. Das Fazit fällt gemischt aus. Wirklich drastische Veränderungen sind nicht dabei. Man könnte das vielleicht einfach so stehen lassen und behaupten, dass es in Taiwan nur noch wenig zu verbessern gibt, aber ich bin halt kein Lügner, Politiker, nicht so jemand.

Und überschattet wird jede Entscheidung natürlich von Ractopamin, welches da bin ich mir sicher, zur Zeit das alles beherrschende Thema in Taiwan wäre, wenn es kein Corona geben würde. Ich muss nochmal schauen, ob ich diesem Schweinkram einen Artikel widmen werde, auf der immer länger werdenden Liste meiner Entwürfe steht er auf jeden Fall.

Taiwan Top 10 Nachrichten 2020

Die Central News Agency (CNA) hat die 10 wichtigsten inländischen Nachrichtenthemen des Jahres 2020 ausgewählt. Der Auswählzeitraum beschränkt sich zwar komischerweise nur bis zum 30. November, aber gehen wir jetzt einfach mal hoffnungsvoll davon aus, dass bis zum Jahresende nichts mehr Top 10 Verdächtiges passiert. Reicht ja auch so für dieses Jahr.

(1) Wenig überraschend wurde 2020 nachrichtentechnisch von COVID-19 beherrscht wie wohl noch nie ein anderes Thema zuvor. Taiwan schaffte es durch eine fantastische Strategie der Pandemiebekämpfung (…und nicht lediglich der Eindämmung und Schadensbegrenzung) die Zahl nachgewiesener Corona-Infektionen zum Stichtag 30. November bei 675 Fällen mit 7 Todesfällen zu halten.

(2) Bei der Präsidentschaftswahl am 11. Januar wurde Amtsinhaberin Tsai Ying-Wen mit 57,1% der Wählerstimmen für eine zweite Amtszeit wiedergewählt. Zudem verlor die DPP bei der gleichzeitig stattfindenden Parlamentswahl zwar 7 Sitze im Parlament, stellt mit 61 von 113 Sitzen aber nach wie vor eine Mehrheit.

(3) Han Kuo-yu wurde am 6. Juni als Bürgermeister von Kaohsiung abgewählt, was ihn zum ersten demokratisch aus dem Amt gewählten Politiker Taiwans machte.

(4) Der ehemalige Präsident Lee Teng-hui starb am 30. Juli im Alter von 97 Jahren.

(5) Tsai Ying-Wen kündigte am 28. August an, dass Taiwan den Import von mit Ractopamin behandeltem Schweinefleisch aus den USA zum 1. Januar 2021 zulassen werde.

(6) Generalstabschef Shen Yi-ming und sieben weitere Militäroffiziere kamen beim Absturz eines Hubschraubers am 2. Januar auf einem Flug zu einem Armeestützpunkt in Yilan ums Leben.

(7) Taiwans Verfassungsgericht entschied am 29. Mai, dass die strafrechtliche Verfolgung von Ehebruch verfassungswidrig ist.

(8) Die KMT Abgeordneten Liao Kuo-tung und Chen Chao-ming, der DPP Abgeordnete Su Chen-ching und der unabhängige Abgeordnete Chao Cheng-yu wurden verhaftet und wegen der Annahme von Schmiergeldern angeklagt. Es war das erste Mal, dass amtierende Abgeordnete seit der ersten Parlamentswahl im Jahr 1992 verhaftet wurden.

(9) Die US-Regierung genehmigte den Verkauf von Waffen im Wert von 5,5 Milliarden US-Dollar an Taiwan in fünf Chargen in diesem Jahr, darunter MK48 (Mod 6 AT) Torpedos, AGM-84H/K SLAM-ER Raketen und unbemannte Flugdrohnen des Typs MQ-9B, um Taiwan beim Aufbau seiner Verteidigungskapazitäten zu helfen, um dem steigenden Druck aus China zu begegnen.

(10) Die Börse in Taiwan stellte weiterhin neue Rekorde auf, nachdem sie 12.682 Punkte, das Allzeithoch aus dem Jahr 1990, übertraf und am 27. Juli 12.686,36, am 23. November 13.878 und am 30. November 13.969,39 Punkte erreichte.

253 Tage

Breaking News!

In Taiwan gibt es 1 (EINEN) Fall von Corona, der nachweislich durch eine lokale Infektion verursacht wurde!

Die Börse gab nach dem Bekanntwerden dieser Nachricht schlagartig nach und beendete den Handelstag mit einem Minus von 1,44%

Kein Scherz!

253 Tage sind also seit der letzten offiziellen Meldung einer lokal übertragenen Corona-Infektion in Taiwan vergangen. Wobei man natürlich nie mit letzter Gewissheit wird sagen können, wie viele lokal übertragene Infektionen es in dieser Zeit vielleicht doch gegeben hat, aber nicht entdeckt wurden. Das spielt aber eigentlich gar keine große Rolle, denn Fälle mit schweren COVID-19 Verläufen hat es in Taiwan in diesem Zeitraum einfach nicht gegeben.

Für Deutsche muss sich diese Nachricht natürlich komisch anhören. Während sich in Deutschland statistisch mittlerweile alle 5 Sekunden jemand mit dem Coronavirus infiziert, ist dieser eine Fall hier jetzt das Top Nachrichtenthema. Nicht unerwähnt bleiben sollte jedoch, dass es in Taiwan in den letzten Tagen und Wochen auch immer wieder zu Meldungen von Corona-Infektionen gab, allerdings durchschnittlich im mittleren einstelligen Bereich, d.h. durchschnittlich weniger als 10 Fälle pro Tag. Zudem gingen diese Fälle allesamt auf Menschen zurück, die sich im Ausland infiziert hatten und durch das hervorragende Quarantäne-Management in Taiwan gar nicht erst mit der lokalen Bevölkerung in Kontakt kamen. Das ist jetzt vorbei, also wie kam es dazu?

PatientIn 1 ist eine Taiwanerin in den 30ern, die sich nachweislich bei PatientIn 0, einem neuseeländischen Piloten in den 60ern, in Taiwan infiziert hat. Die Infektion des Piloten wurde noch als importiert klassifiziert, weil letztlich nicht genau geklärt werden kann, wo genau er sich mit dem Coronavirus infiziert hat, wahrscheinlich aber in den USA.

Aber in Taiwan hat man ja Zeit und Möglichkeiten, den ungefähren Ablauf trotzdem sehr übersichtlich darzustellen, von daher:

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https://focustaiwan.tw/society/202012200008

Die Geschichte hat sich vermutlich so abgespielt:

Der neuseeländische Pilot fliegt am 29.11. in die USA und kehrt am 4.12. nach Taiwan zurück.

Für Piloten besteht in Taiwan nur eine 3-tägige Quarantänepflicht (zum Vergleich: für normale Personen 14 Tage), daher also vom 4.12. bis zum 7.12. Quarantäne in Taiwan.

In den darauffolgenden 5 Tagen dann ein fröhliches Herumspazieren und Shoppen gehen in Taipeh und Taoyuan … was an für sich zu diesem Zeitpunkt ja auch nicht verboten war, denn schließlich hatte er die vorgeschriebene Quarantänezeit beendet.

Am 12.12. dann wieder ein Flug in die USA mit Rückkehr am 15.12. Auf diesem Flug waren auch eine taiwanische Pilotin (#760) und ein japanischer Pilot (#766), die ein paar Tage später positiv getestet wurden. Beide berichten davon, dass der Neuseeländer während der Reise verstärkt gehustet hat. Die im Blut des Neuseeländers gefundene Konzentration von Antikörpern lässt zudem den Schluss zu, dass er bereits vor den beiden anderen infiziert wurde, vermutlich wie bereits gesagt beim USA Flug Anfang Dezember.

Tja, mit 14 Tagen Quarantäne wäre das nicht passiert, aber das war wohl ein Entgegenkommen der taiwanischen Regierung gegenüber den Fluggesellschaften, um in diesem Jahr überhaupt noch irgendwie zum Fliegen zu kommen (für Flugbegleiter übrigens 5 Tage Quarantäne).

Aber es geht noch weiter.

Initial auf die Aktivitäten vom 7.12. bis zum 12.12. angesprochen antwortete der neuseeländische Pilot, dass er sich nicht mehr daran erinnern könne, wo er in der Zeit gewesen ist. Auch vergaß er zu erwähnen, dass er mit der besagten Taiwanerin in den 30ern in diesem Zeitraum einen wie auch immer gearteten „close contact“ hatte.

Nun, das taiwanische Gesundheitsamt versteht da gar keinen Spaß und hat eine Geldstrafe von 300.000 NT (nach heutigem Wechselkurs: 8.745 Euro) wegen unzureichender Informationen zur Nachverfolgung von Kontakten verhängt und das völlig zu Recht.

https://focustaiwan.tw/society/202012220023

Man wird jetzt die restlichen Tage des Jahres abwarten und sehen müssen, ob sich aus diesem Fall weitere lokale Infektionen ergeben oder die Hygienemaßnahmen greifen.

SOGO, ein riesen Kaufhaus in Tianmu, Taipeh hat gestern beispielsweise 4,5 Stunden früher als normal geschlossen, um umfassend desinfiziert zu werden. In Taiwan macht man das halt so.

https://focustaiwan.tw/society/202012220016

Und bislang gibt es auch keine Pläne, die Feierlichkeiten zu Silvester einzuschränken, die dieses Jahr zwar mit strengen Hygienemaßnahmen stattfinden müssen, aber ansonsten überall erlaubt sind.

https://focustaiwan.tw/society/202012220025

Und der neuseeländische Pilot wurde von EVA Air wegen Missachtung der Hygieneregeln im Flugzeug und unzureichender Informationen zur Nachverfolgung von Kontakten fristlos entlassen. In Taiwan macht man das halt so.

https://focustaiwan.tw/business/202012230021

Und EVA Air wurde mit einer Geldbuße von 1 Million NT belegt, weil sie ihren (jetzt ehemaligen) Mitarbeiter nicht ordnungsgemäß überwacht hat.

https://focustaiwan.tw/society/202012240020

Und die Regelungen für Piloten und Flugbegleiter wurden verschärft. Ab dem 1. Jan 2021 dann eine 7-tägige Quarantäne mit Coronatest für beide Gruppen und anschließend ein strengeres Self Health Management als bei „normalen“ Personen. Dazu noch ein paar andere Maßnahmen.

https://focustaiwan.tw/society/202012280014